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Der Plenarsaal im Wasserwerk
Die ehemalige Bundeshauptstadt Bonn ist voller Orte, an denen Geschichte geschrieben wurde. Einer dieser Orte ist das Alte Wasserwerk im Stadtteil Gronau. Zwischen 1986 und 1993 tagte dort der Deutsche Bundestag, heute steht das Gebäude unter Denkmalschutz und ist Teil des Bonner Wegs der Demokratie.

Der Rhein nimmt zwischen den Bonner Stadtteilen Gronau und Plittersdorf eine leichte Kurve. Links und rechts des Ufers erblickt man prächtige Gründerzeitvillen, das ehemalige Abgeordnetenhochhaus, den Langen Eugen, und ein Bauwerk, das in seiner Architektur irgendwo zwischen Kirche und Rheinschloss angesiedelt ist: das Alte Wasserwerk der Stadt Bonn. Von 1875 bis in die 1950er-Jahre sicherte es den Grundwasserbedarf der Stadt. Und genau dort, im umgebauten Pumpenhaus des Wasserwerks, sollten später historische Beschlüsse über die Zukunft der Bundesrepublik Deutschland gefasst werden.
Der Deutsche Bundestag tagte seit seiner ersten Sitzung 1949 im Bundeshaus am Platz der Vereinten Nationen in Bonn. Als an dieser Stelle ein Neubau entstehen sollte, ging man auf die Suche nach einem Ausweichquartier in unmittelbarer Umgebung. Die Abgeordneten, die ihre Büros im Langen Eugen hatten, entschieden sich für das Alte Wasserwerk am Stresemannufer. Von 1982 bis 1985 wurde das Pumpenhaus des Wasserwerks zur provisorischen Unterbringung des Parlaments umgebaut. 1986 tagte dort erstmals der Deutsche Bundestag.
Historische Beschlüsse im Wasserwerk Bonn
Bis 1993 wurde das Pumpenhaus so Zeuge von historisch bedeutsamen Ereignissen: Am 9. November 1989 wurde der Fall der Mauer offiziell bekanntgegeben. Im Sitzungsprotokoll des Tages ist zu lesen: „Die Anwesenden erheben sich und singen die Nationalhymne.“
Zeitgeschichte schrieb das Pumpenhaus auch als derjenige Ort, an dem zwei bedeutsame Beschlüsse zur Wiedervereinigung Deutschlands verabschiedet wurden: Am 20. September 1990 wurde dem Einigungsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik zugestimmt und am 20. Juni 1991 verkündete die damalige Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth den sogenannten Hauptstadtbeschluss. Darin wurde Berlin als Hauptstadt des wiedervereinigten Deutschlands und als Sitz von Bundestag und Regierung der Bundesrepublik Deutschland festgelegt. Mit diesem Beschluss wurde gleichzeitig der Umzug der Regierung nach Berlin eingeläutet.

Nach seiner Zeit als Plenarsaal diente das Pumpenhaus des Wasserwerks bis 2015 als Veranstaltungsort für die Vereinten Nationen oder für das World Conference Center Bonn. Zurzeit wird das Gebäude umgebaut und nicht genutzt. Das Wasserwerk steht seit 1985 auf der Denkmalliste der Stadt Bonn und ist eine von vielen Stationen auf dem Weg der Demokratie, ein vom Haus der Geschichte entwickeltes Projekt, um die Bedeutung der Stadt Bonn für die historische Entwicklung Deutschlands sichtbar zu machen.
Das Alte Wasserwerk ist Teil des Wegs der Demokratie.
Der Weg verbindet verschiedene historische Orte in Bonn, an denen wichtige Entscheidungen für Deutschland und die Demokratie getroffen wurden.