Bei der Immobilienfinanzierung an das Morgen denken
Die Preise für Wohnungen und Häuser sind auf dem Rückzug. Doch Immobiliendarlehen sind heute deutlich teurer als noch vor zwei oder drei Jahren. Viele Immobilienkäuferinnen und -käufer stehen daher vor der Herausforderung, die Finanzierung der eigenen vier Wände auch dauerhaft stemmen zu können. Sparkassenexperte Mario Smeets erläutert, worauf sie dabei achten sollten.

Trendwende am Immobilienmarkt
Am Immobilienmarkt rücken sich die Verhältnisse zurecht. Nach dem mehr als zehn Jahre dauernden Boom verbilligen sich vielerorts Häuser und Wohnungen. Dem Häuserpreisindex des Statistischen Bundesamtes zufolge sanken die Preise für Wohnungen sowie Ein- und Zweifamilienhäuser im vierten Quartal 2022 um durchschnittlich 3,6 Prozent gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum.
Dieser Abwärtstrend setzt sich auch im laufenden Jahr nach Angaben des Verbands deutscher Pfandbriefbanken (VdP) deutschlandweit fort. Der Immobilienpreisindex des Verbands ging im ersten Quartal um 3,3 Prozent gegenüber dem Anfangsquartal 2022 und um 2,3% gegenüber dem direkten Vorquartal zurück. Dies sind sowohl auf Jahres- als auch auf Quartalssicht die stärksten Rückgänge seit Beginn der Indexaufzeichnungen. „Für das laufende Jahr 2023 rechnen wir mit weiter rückläufigen Preisen – über alle Objektklassen hinweg“, sagte der VdP-Präsident Georg Reutter vor auf einer Veranstaltung in Frankfurt Ende April. „Die stark gestiegenen Zinsen bei Immobilienfinanzierungen machen sich auch auf dem Immobilienmarkt der Region Köln/Bonn zunehmend bemerkbar“, beobachtet auch Mario Smeets, Leiter Private Baufinanzierung bei der Sparkasse KölnBonn. „Am Markt haben die Käufer zunehmend Oberwasser. Das sehen wir bei Bieterverfahren ebenso wie bei klassischen Maklervermittlungen.“
Endlich – mögen viele Immobilieninteressierte denken, die meist seit Monaten versuchen, bei einem passenden Objekt zum Zuge zu kommen. Allzu oft scheiterte es bislang an den hohen Preisvorstellungen des Verkäufers.
„Dass die Preise unter Druck geraten, kommt ihnen nun natürlich entgegen. Allerdings sollte man deswegen nicht frohlocken. Die Herausforderungen haben sich nun zusehends auf die Finanzierungsebene verschoben“, warnt Sparkassenexperte Smeets vor übertriebenem Optimismus.
Unterstützung bei Förderprogrammen und zusätzliche Finanzierungsquellen
Die Konditionen für Immobilienkredite mit zehnjähriger Laufzeit liegen derzeit bei etwa 4,0 Prozent. Das ist das Zwei- bis Dreifache dessen, was in der Niedrigzinsphase vor zwei, drei Jahren üblich war. Die Kreditkosten sind damit geradezu explodiert. „Angesichts dieser Tatsache fällt es zunehmend auch Immobilieninteressierten, die über ein vergleichsweise hohes Einkommen verfügen, schwer, die Finanzierungslast eines Kredits über zum Beispiel 350.000 Euro über Jahrzehnte hinweg zu stemmen.“
Es gibt allerdings einige Möglichkeiten, diese Zwickmühle zu lösen. Eine davon ist, den Tilgungssatz niedrig anzusetzen.
Hier kommt die Sparkasse KölnBonn privaten Baufinanzierenden seit Ende April bewusst entgegen. Das führende Institut der Region hat seitdem die Mindesttilgung bei der privaten Baufinanzierung von 1,5 auf 1,0 Prozent bei Neufinanzierungen von selbstgenutztem Wohneigentum gesenkt. „Auf diese Weise bekommen unsere Kundinnen und Kunden bei steigendem Zinsniveau mehr Finanzierungsspielraum“, hebt Smeets hervor. „Allerdings agieren wir bei der Kreditvergabe weiterhin verantwortungsvoll. Daher achten wir im konkreten Fall darauf, dass die Finanzierungslaufzeit unterhalb der Restnutzungsdauer des jeweiligen Objektes liegt.“
Darüber hinaus sollten weitere Faktoren bedacht werden, die dabei helfen, ein solides Finanzierungskonzept auf die Beine zu stellen. Einer davon ist: Immobilienkäuferinnen und -käufer oder Bauherrn sollten möglichst viel Eigenkapital zur Verfügung haben, das sie in die Finanzierung einbringen. Die Zinsen sind in den vergangenen Monaten gestiegen. Damit bieten sich auch wieder Ansparmöglichkeiten in sicheren Kontenanlagen an. Vor diesem Hintergrund bringt Sparkassen-Experte Smeets auch den Abschluss eines Bausparvertrags ins Spiel (siehe Interview).
Sowohl bei einem Neubauprojekt als auch beim Erwerb einer bestehenden Immobilie sollten Interessierte unbedingt auch prüfen, ob öffentliche Fördermittel in Anspruch genommen werden können. Das Land Nordrhein-Westfalen zum Beispiel hat das Programm „NRW.Zuschuss Wohneigentum“ in das laufende Jahr verlängert. Es unterstützt Privatpersonen beim Erwerb von Bauland oder Immobilien unter bestimmten Bedingungen mit einem Zuschuss.
Gut beraten
Grundsätzlich ist das Spektrum an Förderthemen groß. Deshalb macht es Sinn, vorab eine Expertin oder einen Experten einzubeziehen. Die Beratenden der Sparkasse zum Beispiel lotsen durch das Dickicht der Förderprogramme. Oftmals öffnen sich dabei dann unverhofft zusätzliche Finanzierungsquellen.
Der Blick über den Immobilienkauf hinaus: Sparziele und private Altersvorsorge im Fokus
„In den meisten Fällen werden sich die Eigenmittel allerdings nicht von heute auf morgen so einfach aufstocken lassen und auch die Höhe von Förderzuschüssen ist begrenzt“, gibt Sparkassenmann Smeets zu bedenken.

„Daher sollte bereits der Planung des Immobilienerwerbs bewusst darüber nachgedacht werden, ob man wirklich jeden Euro in die eigene Immobilie investieren will und dabei andere Sparziele aus dem Blick geraten beziehungsweise ganz vernachlässigt werden – zum Beispiel die private Altersvorsorge.“
Immobilienkäuferinnen und -käufer sollten sich gut überlegen, ob sie finanziell alles auf eine Karte setzen wollen, um sich den Wunsch nach den eigenen vier Wänden zu erfüllen. „Bei der klassischen Vermögensanlage versuchen Profis gerade ein solches Klumpenrisiko zu vermeiden“, erläutert Smeets die Tücken dieser Finanzierungsstrategie. „Das gesamte Vermögen steckt in der eigenen Immobilie, die sich im Fall des Falles manchmal schwer zu Geld machen lässt. Es gibt keine liquide Reserve – weder für nachträglich notwendig werdende Renovierungsmaßnahmen noch für unerwartete Notlagen.“ Der Experte warnt daher davor, das Finanzierungskonzept beim Immobilienkauf zu eng zu schneidern. Stattdessen sollte es Luft geben und Barrücklage vorhanden sein, sollte sich die Einkommenssituation zum Beispiel durch einen Unfall oder längere Krankheit eine Zeit lang ändern. „Als Faustregel gilt: Höher als ein Drittel bis maximal 40 Prozent des monatlichen Netto-Gesamteinkommens eines Haushalts sollte die Kreditbelastung nicht sein. Und mindestens zehn Prozent, besser aber 20 Prozent des Kaufpreises sollten Immobilieninteressierte an Eigenmitteln auf der hohen Kante haben“, empfiehlt Smeets.
Risiko: Neubau
Die Baufirma kann insolvent werden, das Objekt muss dann mit zusätzlichem Geld fertig gestellt werden – was meist nicht vorhanden ist. Bei Baumängeln entfällt dann auch die Gewährleistung.
Risiko: Bestandsobjekt
Der Einstandspreis ist zu hoch gemessen an Zustand, Lage und Ausstattung des Objektes. Es gibt versteckte Mängel und/oder Instandhaltungsrückstand.
Risiko: Standort
Wertsteigerungen entstehen nur dann, wenn der Standort langfristig gesucht ist und bleibt. Angesichts des demographischen Wandels drohen vor allem Objekte in schlecht erschlossenen Randlagen in 20 oder 30 Jahren keinen Käufer mehr zu finden.
Risiko: versteckte Baumängel
Marodes Dach, brüchige Leitungen, feuchte Wände und Keller – die Liste möglicher Mängel, die versteckt, verschwiegenen oder übersehen wurden ist lang – egal ob bei Neu- oder Bestandsbau.
Risiko: Unterhaltungskosten
Immobilien müssen laufend instandgehalten werden. Gerade bei älteren Objekten ist dafür mit höherem Aufwand zu rechnen. Dazu kommt bei Bestandsbauten: Wegen Klimaschutzmaßnahmen drohen in den kommenden Jahren kostspielige Vorgaben durch den Gesetzgeber etwa für die energetische Sanierung oder um die Energieversorgung so umzustellen, dass sie auf erneuerbaren Energien beruht.