LIEBLINGSORTE
Ein Ort der Träume
Das Junge Theater Bonn begeistert seit über 50 Jahren Menschen jedes Alters. Um das zu erreichen, braucht es Themen die berühren, bewegen und interessieren, weiß Moritz Seibert, Intendant des Theaters.

Die roten Sitze verströmen ein nostalgisches Gefühl. Wie viele Kinderfüße sind schon über den Boden getrappelt, ungeduldige junge Zuschauerinnen und Zuschauer hin und her gerutscht, bis es endlich losgeht. Wenn das Licht gedimmt wird, senkt sich bedächte Stille über das Publikum. Es wird ruhig. Die Spannung steigt. Es folgt der erste Satz, das erste Geräusch. Und die Gäste werden für einige Zeit im Jungen Theater Bonn in andere Welt entführt.
Das Herz des Theaters
Für Intendant und Regisseur Moritz Seibert ist die Bühne und der Zuschauerraum sein liebster Platz im Theater: „Hier ist das Herz und die Seele des JTB und das spürt man. Es ist der Ort, wo all das stattfindet was uns ausmacht. Hier erzählen wir unsere Geschichten, hier treten wir in intensiven Kontakt mit unseren Zuschauerinnen und Zuschauern.“
Und über Zuschauerinnen und Zuschauer kann sich das Theater freuen. Rund 400 Personen finden hier Platz und 400 Aufführungen gibt es pro Jahr. Rund 150.000 Leute schätzen diesen Ort pro Spielzeit, für viele ist es ein Lieblingsort, unabhängig vom Alter.
Junges Theater Bonn: preisgekrönt durch die Pandemie
Im Sommer 2016 wurde das JTB umfassend saniert. Im Mittelpunkt stand dabei die Verbesserung des Komforts für die Besucherinnen und Besucher, etwa durch den Einbau einer Klimaanlage, die Umsetzung neuer Sicherheitsbestimmungen sowie die Herstellung von größtmöglicher Barrierefreiheit. 2021 während der Pandemie wurde die Lüftungsanlage noch erweitert, um eine höhere Sicherheit für die Gäste zu gewährleisten. Die Anlage wurde von der Deutschen Theatertechnischen Gesellschaft zertifiziert. Diese Optimierungsmaßnahmen waren nicht zuletzt dank der langjährigen Unterstützung der Sparkasse KölnBonn möglich.
Mit dem Ausbruch der Corona-Krise musste das JTB wie alle Theater weltweit Mitte März 2020 den Spielbetrieb zunächst vollständig einstellen. Das Bonner Theater hat darauf sofort mit der Einrichtung eines virtuellen Theatereingangs, der ‚Stage Door‘, reagiert. Im Sommer 2020 spielte es auf dem von BonnLive organisierten Kulturgarten in der Bonner Rheinaue seine erste volle Open-Air-Saison. Über 20 Vorstellungen wurden aufgeführt und mit dem ‚Dschungelbuch‘ die erste Open-Air-Premiere in der Theatergeschichte gespielt. Im September 2020 wurde dann das erste virtuelle Theaterstück gespielt: ‚TKKG – Gefangen in der Vergangenheit‘ konnten die Zuschauer nur live im Internet verfolgen. Auch für seine schnelle und kreative Reaktion auf die Corona-Krise wurde das Junge Theater Bonn im Juli 2020 mit dem Preis ‚NRW – Wirtschaft im Wandel‘ von der Rheinischen Post und dem General-Anzeiger ausgezeichnet.
Das Herbstprogramm im Jungen Theater Bonn
Jetzt, wo endlich wieder vor Besucherinnen und Besuchern gespielt werden darf, freuen sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Theaters, ihre neuen Stücke und Altbekanntes zu präsentieren. Zum Auftakt der Spielzeit 2021/2022 wurde im September endlich „Die Schule der magischen Tiere“ nach den Kinderbuch-Bestsellern von Margit Auer uraufgeführt. Eine junge Lehrerin, sie nennt sich Miss Cornfield, kommt neu an die Winterstein-Schule. Zur Begeisterung der Kinder in ihrer Klasse ist sie alles andere als eine gewöhnliche Lehrerin. Und schon bald beginnt sie damit, jedem Kind in ihrer Klasse ein magisches Tier zu übergeben… Nick Westbrock inszeniert das Stück von Tristan Berger für Publikum ab sieben Jahren.
Ab Ende Oktober läuft dann auch „Pippi in Taka-Tuka-Land“ regelmäßig im JTB. Das Musical nach dem Film von Astrid Lindgren hatte schon im Juni 2021 bei der Telekom-Open-Air Premiere und lief dann über den Sommer einige Male im Kulturgarten. Bernard Niemeyers Inszenierung für alle ab fünf Jahren begeisterte das Publikum in jeder einzelnen Vorstellung.
„Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ läuft an einigen Terminen, ebenso wie „Ronja Räubertochter‘“ und natürlich „Der Grüffelo“, der seit über elf Jahren auf der Bühne des JTB zuhause ist.

Live-Stream der Theaterstücke
Selbst digitale Inszenierungen werden zum festen Bestandteil des Repertoires, erzählt Moritz Seibert: „Digitales Theater ist ein großer Schritt in Richtung Barrierefreiheit. Während der Pandemie haben wir angefangen zu streamen, um den Kontakt nicht zu verlieren. Und schnell kam ein großes positives Feedback zurück. Teilweise waren über 800 Besucherinnen und Besucher im Stream. Viele haben uns dadurch überhaupt kennengelernt. Wir erreichen durch die hybriden Formate Menschen, die aus den unterschiedlichsten Gründen nicht ins Theater möchten oder können. Sei es aus regionalen, gesundheitlichen oder wirtschaftlichen Gründen. Damit erreichen wir einen viel weiteren Kreis an Menschen. Digitale Angebote sollen das analoge Theater in Zukunft allerdings auf keinen Fall ersetzen. Es ist und bleibt eine Ergänzung im künstlerischen und technischen Bereich. Es ermöglicht uns so aktuelle und zeitkritische Geschichten zu erzählen, die ohne Medien nicht erzählbar wären.“
Themen der realen Welt
Aktuell steht der neue Streaming-Hybrid: „Die Surfguards – Nur das eine Leben“ an, das am 29. und 30. Oktober seine Uraufführung im Telekom-Forum feiern wird. In der spannenden Geschichte für Zuschauerinnen und Zuschauer ab zwölf Jahren geht es um die Gefahren, die Kindern und Jugendlichen drohen, wenn sie im Internet unvorsichtig sind. Eine Gruppe Jugendlicher wird eher zufällig zu den ‚Surfguards‘, die anderen Kindern und Jugendlichen helfen, wenn sie Opfer von Cybermobbing, Hatespeech oder Identity Theft werden.
Neugierig geworden?
Schauen Sie mal in den aktuellen Spielplan des Jungen Theaters Bonn.
Werfen Sie zudem einen Blick in den Online-Spielplan.
Dabei stehen die Regisseure und auch der Intendant vor neuen Aufgaben: „Die Herausforderung der digitalen Angebote ist es zusätzlich, das Stück nicht einfach nur abzufilmen, sondern die Streamingbilder organisch entstehen zu lassen und einzubinden. Bei unseren Hybriden erlebt das Publikum vor Ort die Inszenierung als normales Theaterstück. Die Zuschauerinnen und Zuschauer im Stream erleben es anders. Sozusagen live. Sie fühlen sich als Teil des Stücks, mittendrin. Dafür haben wir extra ein eigenes Videospiel konzipiert und programmiert.“
Das Jugendtheater als Lieblingsort
Wie schafft es Moritz Seibert in Zeiten von Streamingdiensten und schnellkonsumierbaren Medien die Kinder und vor allem die Jugendlichen für das Theater zu begeistern? „Dafür gibt es keine einfache Lösung. Im Kern ist es eine gut erzählte Geschichte mit relevantem Thema. Eine Geschichte die berührt, bewegt und beschäftigt. Es geht darum, dass wir im Theater etwas bieten müssen, was man nur live in der Begegnung zwischen Künstlerinnen beziehungsweise Künstlern und Zuschauerinnen sowie Zuschauern erleben kann. Die Tatsache, dass die Schauspielerinnen und Schauspieler in diesem Moment im selben Raum sind und für dieses spezielle Publikum spielen, ist ein irrsinniger Effekt. Und Geschichten sowie Theater leben von diesem Effekt.“
Seibert weiter: „Es ist manchmal auch wenig Handwerk dafür umso mehr Intuition und Bauchgefühl, die dazu führen, dass die Besucherinnen und Besucher ins Theater kommen und danach anderen davon erzählen. Wenn wir es schaffen, die Menschen verschiedener Altersstufen interessieren, berühren und unterhalten. Es geht darum Geschichten zu finden, die über den Besuch fortwirken und die Menschen dazu anregen, sich damit auseinanderzusetzen. Und wenn ein Gast dann rausgeht und zu anderen sagt: ‚das musst du auch sehen.‘ Dann haben wir es geschafft. Das ist für uns das schönste Kompliment. Zum Glück passiert uns das oft. Und es ist enorm wichtig, damit wir weiter Publikum haben. Denn wenn keiner mehr ein Stück weiterempfiehlt, dann ist Theater irgendwann tot gelaufen.“