Anlegen
Mehr Grün ins Depot
Geld ökologisch oder ethisch korrekt anlegen – das galt lange Zeit als etwas für träumerische Weltverbessererinnen und Weltverbesserer. Doch dieses Öko-Image ist passé. Das Angebot an verantwortungsvollen Investments ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen.

Vom Zinspapier bis hin zu Fonds – jeder Anlegertyp wird bei „grünen“ Investments fündig. Dass grüne Anlagen dabei weniger Rendite abwerfen als herkömmliche Investments, ist ein überholtes Vorurteil.
„Grüner“ Strom, der aus regenerativen Energien erzeugt wird, ist gefragt. Das bemerken auch die großen Stromproduzenten wie etwa RWE. Die Essener investieren im großen Stil in Photovoltaik- und Windenergieprojekte. Das Geld dafür besorgt sich der Konzern mit einer Anleihe, die er am Kapitalmarkt verkauft hat. Das Papier ist ein sogenannter Green Bond (siehe Kasten). Den Erlös aus der Emission darf RWE nicht auch noch für irgendwelche anderen Zwecke abzweigen. Nur die neuen Windkraftanlagen und Solarparks darf er damit hochziehen. So steht es ausdrücklich in den Vertragsbedingungen der Anleihe.
Green Bonds
Immer häufiger legen Unternehmen und andere Institutionen Green Bonds auf und bieten sie am Kapitalmarkt Investorinnen und Investoren an. Das Kapital, das mit diesen speziellen Anleihen aufgenommen wird, darf ausschließlich zur Finanzierung von ökologischen oder nachhaltigen Projekten verwendet werden. Der Markt für Green Bonds wächst rasant. Nach Angaben der Fachleute von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) ist das Volumen an ESG-Anleiheemissionen in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. 2020 war mit 421 Milliarden Euro ein Rekordjahr. Gegenüber 2019 entspricht dies einer Steigerung um 65 Prozent. Wie schon in den Vorjahren entfiel der größte Anteil davon mit 55 Prozent auf Green Bonds, mit denen grünen Projekte finanziert wurden. Nach Einschätzung der LBBW könnte nach dem lebhaften Start in das laufende Jahr erneut ein Rekordwert aufgestellt werden. Noch sind Green Bonds ein sehr junges Finanzinstrument. Exakte Kriterien, wann eine Anleihe als „grün“ gilt, gibt es nicht. Fest steht allerdings, dass das Geld, das mit der Emission der Anleihe aufgenommen wird, für Finanzierungen verwendet wird, die ESG-Kriterien entsprechen.
Für Anlegerinnen und Anleger hat die Sache allerdings einen Haken: Das Papier wirft über die Laufzeit von zehn Jahren hinweg pro Jahr nur magere 0,625 Prozent Zinsen ab. Dem Interesse der Investorinnen und Investoren hat die Mini-Rendite allerdings keinen Abbruch getan. Für die Emission lagen dreimal so viele Kaufaufträge vor, wie an Volumen vorhanden war.
Das Beispiel zeigt: Green Bonds von soliden Schuldnerinnen und Schuldnern sind derzeit gefragt. Mehr als niedrige Renditen knapp über der Nulllinie sind damit jedoch nicht zu erzielen. Anlegerinnen und Anleger, die es auf eine höhere laufende Verzinsung abgesehen haben, müssen Abstriche bei der Bonität der Schuldnerin oder des Schuldners machen. Das Verlustrisiko steigt dann erheblich.
Wachstumschancen bei „grünen“ Aktien
Deutlich größere Chancen bestehen nach Einschätzung von Anlageexpertinnen und -experten bei „grünen“ Aktien – Unternehmen zum Beispiel, die sich im Bereich Umwelttechnik, erneuerbare Energien oder Umweltinfrastruktur tummeln. Verbraucherinnen und Verbraucher sowie die Industrie sind durch gesetzliche Vorgaben gezwungen, immer stärker auf energieeffiziente Technologien auszuweichen – zum Beispiel Elektroautos anzuschaffen oder wärmedämmende Systeme an Häuserfassaden und auf Dächern zu installieren. „Dadurch bestehen im Einzelfall große Wachstumschancen – mit positiven Auswirkungen für die Aktien von Unternehmen, die Lösungen dafür anbieten“, sagt Christoph Groß, Nachhaltigkeitsexperte und Fondsmanager bei der LBBW Asset Management.
Doch es müssen nicht unbedingt unbekannte Hightech-Firmen sein, um in nachhaltige Aktien zu investieren. Eine andere Strategie ist, die Anteile großer, bekannter Konzerne zu kaufen, die in ihrer Branche in puncto Nachhaltigkeit führend sind. Fachleute nennen das den Best-in-Class-Ansatz. Ein schonender Umgang mit Ressourcen, so das Kalkül dahinter, senkt zum Beispiel auf Dauer die Kosten in der Produktion und sorgt damit für gute Zahlen bei diesen Unternehmen.
Die Besten aus den Guten – die nachhaltige Indexwelt
So wie der Deutsche Aktienindex den deutschen Aktienmarktes repräsentiert, gibt es eine Reihe von Indizes, die ausschließlich nachhaltige Aktien aufnehmen und deren Wertentwicklung nachverfolgen. Das bekannteste Börsenbarometer ist hierzulande der Natur-Aktien-Index (NAI). Der Index fokussiert sich ausschließlich auf den deutschen Aktienmarkt und nimmt diejenigen Unternehmen auf, die in ökologischer, ethischer und sozialer Hinsicht eine herausragende Position und Vorbildfunktion einnehmen. Auch von dem bekannten Dax gibt es seit vergangenem Jahr eine Nachhaltigkeitsvariante: Der Dax 50 ESG Index listet die 50 Top-Unternehmen an der deutschen Börse hinsichtlich ihrer ESG-Performance, Marktkapitalisierung und Börsenumsätze auf. Internationale Bedeutung haben zum Beispiel der MSCI-ESG-Index beziehungsweise -SRI-Index (die Abkürzung SRI steht für Socially Responsible Investment) oder der Dow-Jones-Sustainability-Index (DJSI).
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Der Vorteil bei diesen Indizes aus Sicht von Anlegerinnen und Anlegern: Die Indexbetreiberin oder der Indexbetreiber klopft zusammen mit speziellen Agenturen Unternehmen darauf hin ab, ob und wie gut sie festgelegten ESG-Kriterien entsprechen, bevor sie in dem Index aufgenommen werden. Dennoch unterscheiden sich die Indexkonzepte der Anbieterinnen und Anbieter im Einzelnen. Der Dow-Jones-Sustainability-World-Index zum Beispiel versammelt aus dem rund 3.000 Titeln umfassenden Dow-Jones-Global-Index diejenigen, die innerhalb ihrer Branche nach ökologischen, ökonomischen und sozialen Gesichtspunkten zu den besten zehn Prozent gehören. Diese Systematik wird als Best-in-Class-Ansatz bezeichnet.

Die Schwierigkeit dabei: Welche Konzerne wirkliche „Nachhaltigkeitschampions“ sind und in Sachen Ökologie und fairen Arbeits- und Lieferbedingungen zur obersten Liga weltweit gehören, ist schwer zu durchschauen. „Für eine private Anlegerin oder einen privaten Anleger bedeutet es einen ziemlichen Aufwand, Unternehmen nach dem Best-in-Class-Prinzip vom Kurszettel herauszufiltern“, sagt Sebastian Fromm, Referent für Preis-, Produkt- und Kampagnenmanagement bei der Sparkasse KölnBonn. „Einfacher ist es, zu einem auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Aktienfonds zu greifen und diese Aufgabe den Expertinnen und Experten im Fondsmanagement zu überlassen.”
„Dass Anlegerinnen und Anleger mit diesen Fonds schlechter abschneiden als mit herkömmlichen Produkten, stimmt so nicht.“
Sebastian Fromm, Sparkasse KölnBonn
Das Angebot an speziellen Öko- oder Nachhaltigkeitsfonds ist groß. Auch die Zahl „grüner“ börsengehandelter Indexfonds – sogenannte Exchange Traded Funds (ETFs) – wächst rasant. Vorteil der ETFs: Sie sind kostengünstiger als aktiv gemanagte Fonds. Deren Fondsmanagerinnen und -manager nehmen allerdings keine eigenen Entscheidungen vor. Sie orientieren sich an einem der Nachhaltigkeitsindizes (siehe Kasten) und verlassen sich auf die Auswahl der jeweiligen Indexbetreiberin oder des jeweiligen Indexbetreibers. Allerdings: Eine messerscharfe Abgrenzung in Sachen Nachhaltigkeit liefern die Indizes nicht. Es bleiben im Einzelfall Unschärfen. Ist ein Unternehmen zum Beispiel noch für ein ethisches Investment geeignet, wenn es zwar zivile Güter herstellt, diese aber auch von der Armee gekauft werden? Und wie sieht es bei großen Konzernen mit Tochtergesellschaften und Unternehmen in „problematischen“ Branchen aus, an denen nur eine Minderheitsbeteiligung gehalten wird? Diese Fragen werden je nach Indexkonzept unterschiedlich beantwortet. Anlegerinnen und Anleger müssen sich daher vor einem Einstieg überlegen, wie genau sie ihren Nachhaltigkeitsansatz definieren und bei ihren Anlagen durchhalten wollen. In den Unterlagen, die bei fast allen Fonds im Netz zum Download zur Verfügung stehen, können alle Interessierte nachlesen, welche nachhaltigen Aspekte der jeweilige Fonds berücksichtigt – und das mit den eigenen Vorstellungen abgleichen.
Nachhaltigkeits- oder Ökofonds haben jedoch einen generellen Vorteil: Die breite Streuung des Fondsdepots auf viele verschiedene Titel senkt das Anlagerisiko gegenüber dem Kauf einer einzelnen Aktie. Sebastian Fromm empfiehlt allerdings:
„Wie bei jeder Geldanlage sollte die Privatanlegerin oder der Privatanleger aber auch die klare Entscheidung treffen, ob ein nachhaltiges Investment mit seinen Anlagezielen übereinstimmt und seiner persönlichen Risikoneigung entspricht.“