Start-up aus Köln bringt Nachhaltigkeit ins Büro
Anne Kronshage und Salomon Bohlen möchten nicht nur in ihrem eigenen Zuhause den Müll reduzieren. Die beiden sehen erheblichen Optimierungsbedarf im Büro. Und so haben sie ihren eigenen Lieferdienst für nachhaltigen Bürobedarf gegründet: Less Waste Box.

Die Idee für ihr eigenes Start-up kam den beiden Ende 2020. Sie arbeiteten als Auszubildende in Veranstaltungsagenturen und bestellten dort regelmäßig Büromaterial. „Da ist uns aufgefallen, dass dabei super viel Müll verursacht wird und die Produkte nicht nachhaltig sind, die im Büro verwendet werden. Im Gegensatz dazu haben wir zu Hause schon sehr auf Nachhaltigkeit geachtet“, erzählt Salomon. Also recherchierten sie und fanden kein Angebot für nachhaltigen Bürobedarf. Der Kölner sagt weiter: „Als es mit der Coronapandemie losging und die Veranstaltungen weniger wurden, war der perfekte Zeitpunkt gekommen, unsere Idee in die Tat umzusetzen und unser Glück zu versuchen.“
Für Anne ging es direkt einen Tag nach ihrer Abschlussprüfung los im eigenen Unternehmen an der Zülpicher Straße 58e in Köln. Sie kümmert sich um das Personal und das Marketing. Die Auslieferung und die Akquise teilen sich beide. Salomon ist zuständig für den Onlineshop, den er gebaut hat, den Einkauf und die Logistik. „Außerdem macht er auch die Buchhaltung“, erklärt Anne lachend.
Umweltfreundliche Produkte
Aber wie bringt Less Waste Box mehr Nachhaltigkeit ins Büro?

„Wir haben neun Kriterien aufgestellt für unsere Produkte“, sagt die Gründerin. Kompostierbar, nachfüllbar, plastikfrei, recycelt, unverpackt, sozial, hergestellt in Deutschland, regional und aus Köln. Anne erklärt: „Angefangen haben wir mit einem Grundsortiment fürs Büro und uns dabei hauptsächlich an unabhängigen Siegeln orientiert, wie beispielsweise am Blauen Engel.“ Außerdem bekommen die beiden Impulse von ihren Kundinnen und Kunden: Zum Beispiel, wenn ein Ordner in einer anderen Farbe gewünscht wird. „Dann gucken wir, welche Alternativen es gibt und was unseren Kriterien entspricht“, sagt Anne. Welche Kriterien welches Produkt erfüllt, erkennen Nutzerinnen und Nutzer anhand der Fotos im Shop.
„Wir haben inzwischen über 200 Produkte von bis zu 40 Herstellerinnen und Herstellern“, weiß Salomon.
Pfandsystem für Klappkisten
Wer also Kaffee, Stifte oder Klopapier fürs Büro haben möchte, geht in den Onlineshop von Less Waste Box und bestellt. Der Gründer sagt: „Wir packen die Ware in die Boxen und bringen sie unserer Kundschaft.“ Entweder die beiden nehmen die Klappkisten direkt wieder mit, sie werden zwischendurch abgeholt, wenn sie sowieso unterwegs sind oder die Boxen bleiben bei Bestellerin oder Besteller bis zum nächsten Mal. Dabei handelt es sich um ein Pfandsystem. „Nach zwei Monaten melden wir uns bei den Unternehmen und fragen nach, ob sie die Kisten zurückgeben oder behalten möchten. Entweder wir holen sie dann ab oder wir stellen sie in Rechnung. So bleiben sie im Kreislauf und können häufig wiederverwendet werden“, erklärt Salomon. Wer möchte, kann seine Bestellung aber auch selbst im Lager auf der Zülpicher Straße abholen.
Lieferung per Lastenrad
Durch dieses System wird viel Müll vermieden und beim Liefern mit dem Lastenfahrrad werden CO2-Emissionen eingespart. Denn: „Das größte Problem sind die Kartons mit dem Füllmaterial und das Verschicken. Wir nutzen wiederverwendbare Boxen und befüllen diese mit unverpackten Produkten, was vollkommen in Ordnung ist“, sagt Salomon. „Die Sachen brauchen keine große Verpackung aus Hygienegründen. Da spart man ziemlich viel ein.“ Anne erklärt weiter: „Trotzdem sind natürlich manche Sachen noch verpackt, aber dann eben in Papier oder in Graskarton.“
Und gebrauchen können die nachhaltigen Büromaterialien eigentlich alle. „Von Praxen über Kanzleien, Elektrikern und Agenturen bis hin zum Fitnessstudio von gegenüber ist alles dabei. Jeder hat halt ein Büro, wir bedienen keine bestimmte Branche“, sagt Anne. Meist bedient das Start-up Unternehmen bis etwa 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. „Das schaffen wir mit unserer aktuellen Logistik ganz gut“, sagt die Kölnerin. „Bei großen Unternehmen läuft die Bestellung von Büromaterialien meist über den zentralen Einkauf. Dann kommen wir nicht für alle Standorte in Frage, weil wir eben bislang nur in Köln und Bonn vertreten sind.“
Less Waste Boxen für deutsche Großstädte
Doch das soll nicht für immer so bleiben. Das Gründerduo möchte die Less Waste Box langfristig in mehr deutsche Städte bringen. „In Köln haben wir es ausprobiert und es wird angenommen. Das geht auch in anderen deutschen Großstädten“, ist sich Salomon sicher. Er und Anne haben außerdem weitere Pläne: „Unsere Vision ist es, die Lastenradlogistik auszubauen. Diese könnten wir irgendwann auch anderen Unternehmen gegenüber öffnen.“ Inzwischen sei es ein richtiger Trend, Sachen mit dem Fahrrad auszuliefern im urbanen Raum, sagen die beiden. „Zudem schauen wir gerade, welche Produkte gut funktionieren. Wir könnten uns vorstellen, eine eigene Produktlinie zu entwerfen, um die Margen zu erhöhen“, sagt Salomon.
Zweiter Standort Bonn
Für dieses Jahr haben Anne und Salomon zudem ein kurzfristiges Ziel: ein Investment aufnehmen. „Wir holen einen oder mehrere Businessangel rein. Das ist jemand, der Geld gibt, uns aber auch in der Strategie unterstützen kann, weil er Erfahrung aus der Wirtschaft mitbringt und mit seinem Blick von außen wertvolle Impulse geben kann“, erklärt Salomon. „Dabei befinden wir uns noch in der Vorbereitung und treffen Absprachen. Wenn das klappt und wir damit Geld aufnehmen, möchten wir unseren zweiten Standort in Bonn eröffnen. Dort sind wir auch im Accelerator-Programm des Digital Hub.“ Das Förderprojekt von Digitale Wirtschaft NRW, einer Initiative des Wirtschaftsministeriums im Land, soll digitale Start-ups unterstützen.
Soziale Nachhaltigkeit
Außerdem haben die beiden weitere Pläne: „Personal dazuzugewinnen. Wir haben aktuell etwa unsere Praktikantin Carla bei uns, die uns bei Social Media unterstützt. Perspektivisch möchten wir zum Beispiel noch Werkstudentinnen und -studenten einstellen“, sagt Anne. Denn aktuell liefern sie und Salomon ihre Boxen noch persönlich mit dem E-Bike in Köln aus. „Das nimmt natürlich viel Zeit in Anspruch. Gerade zu Beginn ist es aber auch total wertvoll, die Leute zu treffen und zu befragen: Wie bist du auf uns aufmerksam geworden? Fehlt dir etwas in unserem Sortiment? Dieses Feedback an der Tür ist für uns sehr wichtig. Und wir fahren beide gern Fahrrad.“

Wer Express-Lieferdienste kennt, weiß, dass das Beschäftigungsverhältnis für die Fahrerinnen und Fahrer meist ziemlich prekär ist. Salomon sagt: „Wir möchten auch auf soziale Nachhaltigkeit achten. Allein vom Job her ist es bei uns aber natürlich schon anders als bei Express-Lieferdiensten. Die Fahrerinnen und Fahrer können dann künftig morgens bei uns erstmal ankommen, erhalten dann ihre Aufträge und können ihre Route entspannt abfahren.“ Bei der Bezahlung wollen die Gründerin und der Gründer sich mindestens an den gesetzlichen Vorgaben orientieren.
Bevor zum Team neues Personal dazustößt, zieht Less Waste Box erstmal um – ins Agnesveedel. Auch von dort kann das Start-up zentral vom Stadtkern die Domstadt mit nachhaltigen Büroartikeln beliefern. „Für äußere Bezirke ist die Radauslieferung zu weit. Da überlegen wir für die Zukunft dann auf E-Autos zu setzen, damit sich unser Radius erweitert“, sagt Anne.
Tipps zur Gründung …
„Früh genug über die eigene Idee sprechen. Direktes Feedback hilft. So geht es viel schneller weiter. Man sollte stolz auf das sein, was man vor hat oder schon geschafft hat und das nach außen tragen. Außerdem hilft es, sich auf Veranstaltungen herumzutreiben. Es gibt unheimlich viel Unterstützung. Man muss sich aber selbst darum kümmern, die richtigen Leute ansprechen, mit ihnen vernetzen und treffen“, weiß Anne.
Salomon ergänzt: „Gründlich überlegen, schauen, ob es einen Markt für die Idee gibt, die Wettbewerbssituation anschauen und wenn man glaubt, dass es funktionieren könnte und das ordentlich validiert hat, auch durch Gespräche mit anderen, dann einfach machen. Es gibt nichts zu verlieren, vieles kann auch erstmal im Nebenerwerb beginnen. Durch das Gründerstipendium NRW, was wir auch bekommen, ist das Risiko gering.“
… und für mehr Nachhaltigkeit im Büro?
„Mit Kleinigkeiten starten: Licht ausschalten, Laptop herunterfahren, Mehrfachsteckdose ausschalten“, sagt Anne. „Energie sparen, Müll trennen, nicht so viel online einkaufen, Ökostromanbieter nutzen und eine ethische oder eine regionale Bank nutzen“, zählt Salomon auf.
Die Sparkasse KölnBonn als regionaler Partner

Und wie haben die beiden ihre Gründung finanziert? „Als wir uns nach einem Kredit umgeschaut haben, war es uns wichtig, regional unterwegs zu sein“, erzählt Anne. „Wir waren dann bei mehreren Banken und haben uns für die Sparkasse KölnBonn entschieden. Im Gründercenter der Sparkasse KölnBonn hat uns der Betreuer Erik Bastians direkt gut aufgenommen, Rückfragen zum Businessplan gestellt, sich mit uns nochmal alles im Detail angeschaut.“
Dann hat es nicht lange gedauert, bis Anne und Salomon ihre Unterschriften setzen konnten und den Kredit in der Tasche hatten. „Wir sind immer noch überrascht, wie schnell das alles funktioniert hat.“ So konnten zeitnah die Produkte bestellt und das Lager bestückt werden. Salomon ergänzt: „Bei anderen Banken sind wir auch auf Ablehnung gestoßen – entweder sie haben nicht an unsere Geschäftsidee geglaubt oder nicht an uns. Bei der Sparkasse KölnBonn war nie die Frage, ob wir das machen, sondern nur wie.“ Auch jetzt besteht weiterhin Kontakt zur Sparkasse KölnBonn. „Wir mussten uns final entscheiden, wie viel Geld wir abrufen möchten. Dazu hatten wir vor kurzem nochmal Kontakt. Und wir treffen unseren Berater manchmal auch auf Veranstaltungen“, erzählt Anne.
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Lesen Sie, wie Andreas Brünjes, Leiter des GründerCenters der Sparkasse KölnBonn, und sein 20-köpfiges Team angehende Unternehmerinnen und Unternehmer auf dem Weg von der Geschäftsidee in die Selbstständigkeit begleiten.