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Wer steckt hinter der Argelanderstraße?
Wer beim Spaziergang vor der eigenen Haustür die Augen offenhält, findet so manchen Namen auf Straßenschildern, dem er vorher noch nicht begegnet ist. Welche spannenden Geschichten und herausragenden Persönlichkeiten dahinterstecken, erfahren die Leser von meinkoelnbonn.de in der Reihe „Wer steckt eigentlich hinter ...?“. In diesem Monat geht es nach Bonn.

Die Bonner Südstadt ist geprägt von wunderschönen historischen Bauten, alten Alleen und modernen Boutiquen, Lebensmittelläden und Bars. Sie ist eines der beliebtesten und lebendigsten Viertel der Bundesstadt. Ihre Häuser künden heute noch vom aufstrebenden Bürgertum, das sich dort in kostbaren Bauten manifestiert. Wer die mit mächtigen Ahornbäumen gesäumte Poppelsdorfer Allee hinunterspaziert – vom Poppelsdorfer Schloss kommend und sich alsbald nach rechts wendet, der stößt auf eine der beliebtesten Straßen des Viertels: die Argelanderstraße. Dort beginnt sie und zieht sich über die viel befahrene Reuterstraße bis zum Hang des Venusberges mitten durch das Herz der Südstadt. Restaurants, Bars und Spielplätze säumen den Weg genauso wie Galerien. Doch wer weiß etwas über den Namensgeber jener Straße und ist es Zufall, dass in unmittelbarer Nähe die alte Sternwarte steht?
Griff nach den Sternen
Der Namensgeber ist Friedrich Wilhelm August Argelander. Er wurde 1799 nicht in Bonn geboren, sondern in Memel, die Stadt war damals, die nördlichste Stadt Deutschlands. Heute gehört sie zu Litauen.
Doch was trieb ihn bis nach Bonn und verschaffte ihm dort die Ehre, dass eine ganze Straße nach ihm benannt wurde? Die Antwort sind die Sterne.
Der junge Friedrich lernte mit acht Jahren den zwölfjährigen Kronprinzen Friedrich Wilhelm kennen. Es entwickelte sich eine Freundschaft, die das ganze Leben halten sollte. Nach ihrem Kennenlernen trennten sich ihre Wege jedoch erst einmal für längere Zeit. Der Kronprinz begeisterte sich für das Militärwesen und musste alsbald seine Pflichten als Thronfolger erfüllen. Argelander hingegen war fasziniert vom Fortschritt der Zeit. Dampfschiffe, Eisenbahnen und Maschinen entstanden und wiesen den Weg in die Zukunft. Das inspirierte Argelander, er strebte nach den Grenzen der Welt, die Weite und das Unmögliche ließen ihn staunen. So griff er buchstäblich nach den Sternen und machte das Universum zu seiner Welt. Sie zu erfassen, zu vermessen und zu analysieren wurde seine Lebensaufgabe.
Von Königsberg bis Finnland
1817 begann er ein Studium an der Universität Königsberg. Die Vorlesungen von Friedrich Wilhelm Bessel, der Leiter der dortigen Sternwarte, faszinierten ihn über alle Maßen. Drei Jahre später wurde er Bessels Assistent – mit gerade mal 21 Jahren. Er unterstütze seinen Mentor beim Erfassen und Bestimmen von Sternpositionen. Im Jahr seiner Promotion – 1822 – machte ihn die Veröffentlichung der Schrift über die „Untersuchungen der Umlaufbahn des Großen Kometen von 1811“ in Fachkreisen bereits in ganz Europa bekannt.
Kurz darauf verschaffte ihm Bessels – wenn auch nur widerwillig, wollte er doch seinen besten Mitarbeiter nicht gern verlieren – eine Stelle als Observator an der Sternwarte in Finnland. Dort blieb er acht Jahre.
Bedeutender Astornom der über 30 Jahre lang in Bonn geforscht sowie gearbeitet hat, dabei führte er beispielsweise die „Bonner Durchmusterung“ durch.
1799:
22. März 1799 wird Friedrich Wilhelm August Argelander in Memel geboren.
1806:
Friedrich lernt den späteren König Friedrich Wilhelm IV kennen, die zwei beginnen eine lebenslange Freundschaft.
1823:
Friedrich Wilhelm August Argelander reist nach Finnland, um dort als Observator der Sternwarte in Turku zu forschen und in der Universität zu lehren.
1836:
Der Astronom zieht nach Bonn, wo er bis zu seinem Lebensende wohnen und arbeiten wird. Während seiner Bonner Jahre wird er zwei Mal zum Rektor der Universiät gewählt, ist Sternwartenobservator von „seiner“ Sternwarte und erstellt die Bonner Durchmusterung ein noch heute aktuelles Werk.
1875:
Friedrich Wilhelm August Argelander stirbt am 17. Februar 1875 in Bonn.
Eine eigene Sternwarte
1836 wurde Friedrich Wilhelm August dann nach Bonn berufen, um dort den von der preußischen Regierung geplanten Aufbau eines astronomischen Instituts als Ordinarius, also als Sternwartendirektor zu übernehmen. Der Pläne dafür nahm sich König Friedrich Wilhelm IV. selbst an, um seinem Freund möglichst viele Wünsche zu erfüllen. Er ließ es sich nicht nehmen, sich selbst vom Fortschritt des Baus zu überzeugen und besichtigte die Baustelle 1845, als er sich im Rahmen des Beethovenfestes in Bonn aufhielt.
In der Zeit, bevor die Sternwarte genutzt werden konnte, standen Argelander und seine beiden Mitarbeiter jede klare Nacht auf dem Alten Zoll dicht neben dem Wohnhaus von Argelander. Mit primitiven Hilfsmitteln wie einem kaum ein Meter langen Fernrohr oder einfach mit dem bloßen Auge orteten sie die Sterne nach Größe, Lichtstärke und Lage. In 40 Karten wurden exakt 324.188 Himmelskörper eingezeichnet.

Als die neue Sternwarte an der Poppelsdorfer Allee fertiggestellt und 1845 eingeweiht wurde, entwickelte Argelander mithilfe von den nun verfügbaren Mitteln und Instrumenten die „Bonner Durchmusterung“, in dem er den Himmel in 200 Zonen einteilte und 185.223.250 Beobachtungen an 17.000 Sternen durchführte. Sein Ziel war es, durch die Bestimmungen ein hohes Maß an Genauigkeit zu erreichen. Die Durchmusterung hat noch heute Bedeutung, 1966 erschien die vierte unveränderte Auflage.
Argelander lebte bis zu seinem Tod 1875 in Bonn. Er wurde zweimal zum Rektor der Universität gewählt, die Argelanderstraße, auf der heutzutage das Rektorbüro der Universität liegt, trägt seit 1811 seinen Namen.
Auch das Argelander-Institut für Astronomie in Bonn, ein Mondkrater und ein Asteroid sind nach ihm benannt.
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