Vorsorgen
Die miesen Tricks der Abzocker
Immer wieder hört man davon: Unter einem Vorwand kontaktieren Betrügerinnen und Betrüger bevorzugt ältere Menschen. Sie setzen diese emotional so sehr unter Druck, dass die Seniorinnen und Senioren ihnen oft große Summen Bargeld, Gold oder Schmuck überlassen. Übrigens spielt dabei auch die Coronapandemie zumindest manchmal eine Rolle.

„Es war lange ziemlich ruhig“, sagt Christiane Masong, die bei der Sparkasse KölnBonn für Geldwäsche- und Betrugsprävention zuständig ist. „Genau gesagt hatten wir zwischen März und Juni kaum Meldungen über Betrugsversuche. Seitdem im Sommer das Leben nach der ersten Corona-Pause aber wieder Fahrt aufnahm, stiegen auch die Zahlen der Betrugsversuche“. So war beispielsweise gerade erst Anfang November in Bonn eine 83-Jährige Opfer von Verbrechern geworden: Diese hatten sich als Polizeibeamte ausgegeben und ihr gesagt, dass sie demnächst überfallen werden solle. Darum wolle man ihr Bargeld und den Schmuck in Sicherheit bringen. Die Frau hat so mehrere zehntausend Euro verloren.
Falsche Polizistinnen und Polizisten
Gar nicht so ungewöhnlich, denn Verbrecherinnen und Verbrecher geben sich oft und gerne als Polizistinnen oder Polizisten aus, um an die Wertgegenstände ihrer Opfer zu kommen. „Bei den Meldungen, die wir derzeit bekommen, wird der Trick mit den falschen Polizisten besonders häufig angewendet“, erklärt auch Christiane Masong. Ebenso kommt der so genannte Enkeltrick immer wieder vor – und das seit vielen Jahren: Dabei rufen Betrügerinnen oder Betrüger an und behaupten, sie seien der Enkel, die Nichte oder ein anderer naher Angehöriger. Und er oder sie brauche dringend Geld – beispielsweise für eine Operation, einen Rechtsbeistand oder für Medikamente. Die Abzocker setzen die Angerufenen damit emotional und zeitlich unter Druck, so dass diese zur Bank gehen, sich einen Großteil des Vermögens auszahlen lassen, und dieses den scheinbaren Verwandten übergeben.

„Bei den Meldungen, die wir derzeit bekommen, wird der Trick mit den falschen Polizisten besonders häufig angewendet.“
Wie die Sparkasse KölnBonn gegen Betrug an Kundinnen und Kunden vorgeht
Christiane Masong arbeitet seit sieben Jahren in der Betrugsprävention. In dieser Zeit hat sich deutlich gezeigt, dass sich die Maschen der Gauner oft gar nicht so sehr ändern – wohl aber die Anlässe, über die sie an Daten, Geld und Wertgegenstände kommen. „So war 2018 die Datenschutzgrundverordnung, also die DSGVO ein beliebter Anlass. 2019 war es PSD2, also die neue EU-Zahlungsrichtlinie. Darum schulen wir unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu den neuesten Entwicklungen regelmäßig“, sagt Christiane Masong. Dazu gibt es beispielsweise Materialien, die über die aktuellen Vorgehensweisen aufklären. Oder es wird, wenn gerade besonders viele Fälle bekannt werden, per E-Mail um besondere Vorsicht gebeten. „Allerdings ist der Schutz der Kundinnen und Kunden für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein Spagat zwischen Fürsorge und Bevormundung“, sagt Christiane Masong.
Achtung: hohe Summen abheben
„Wir wollen und können unseren Kundinnen und Kunden natürlich nicht verbieten, hohe Summen abzuheben. Aber je älter sie sind, und je höher die Summe ist, die sie abheben wollen, desto eher fragen wir natürlich nach“. Außerdem gebe man ihnen einen Info-Flyer zum „Schutz vor Betrug“ mit, der in Kooperation mit der Polizei entstanden ist. „Er ist ein gutes Mittel, um ein Gespräch zu eröffnen, in dem unsere Mitarbeitenden die Kundinnen und Kunden nochmals explizit vor bestimmten Situationen warnen.“ Außerdem müssen hohe Summen, die abgehoben werden sollen, vorbestellt werden. Dadurch wird den Kundinnen und Kunden der zeitliche Druck genommen. Das macht sie für die Abzocker uninteressanter – und gleichzeitig gewinnt die Bank dadurch Zeit, um gegebenenfalls die Polizei einzuschalten.
Um Zeit geht es übrigens auch, wenn Betrügerinnen und Betrüger versuchen, an TANs zu kommen, um die Konten der Opfer zu plündern. „Dabei geben sich die Anrufenden als Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter der Sparkasse und anderer Banken aus. Sie behaupten, das Konto des oder der Angerufenen sei gehackt worden. Um es zu sperren benötige man darum sofort eine TAN“, so Christiane Masong. So werden die Angerufenen unter Druck gesetzt. Ihr Tipp in einer solchen Situation: „Auflegen. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterinnen werden niemals eine TAN von den Kundinnen und Kunden verlangen.“
Der Enkeltrick mit Corona
In Zusammenhang mit Corona kennt Christiane Masong übrigens bisher erst wenige Betrugsfälle. Doch die Polizei Köln warnt: „Seit Beginn der Corona-Pandemie haben Enkeltrick-Täter das Thema für sich entdeckt“, so Carsten Rust aus der Abteilung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. So sollen Angehörige von vermeintlich an COVID-19-Erkrankten dazu bewegt werden, Bargeld für notwendige Medikamente oder Behandlungen zu übergeben. Angeblich müsste dazu ein Medikament aus den USA eingeflogen werden und das sei sehr teuer. „Bei den meisten der Anrufe handelte es sich um Versuche und es ist nicht zu einer Geldübergabe gekommen“, sagt Rust.
Tipp der Polizei Köln: Im Falle eines solchen Anrufs sollte das Gespräch sofort beendet werden. „In unserem Gesundheitssystem wird kein Patient dazu aufgefordert, zur Behandlung in Vorkasse zu treten – und erst recht nicht Bargeld auszuhändigen.“ Grundsätzlich gilt auch bei einer COVID-19-Erkrankung, dass die Krankenkasse die Kosten direkt mit dem Krankenhaus abrechnet. „Wer sich nach einem solchen Anruf unsicher ist, der sollte bei dem angeblich erkrankten Verwandten nachfragen, wie es ihm geht“, so Carsten Rust.
Trickdiebstahl – Vorwand Coronatest
Neben dem Enkeltrick wird jedoch auch auf andere Weise versucht, die Corona-Pandemie zu nutzen, um an das Geld von ahnungslosen Mitmenschen zu kommen. „Bekannt geworden sind in Köln in der jüngeren Vergangenheit Versuche von Trickdieben, die sich als Mitarbeitende vom Gesundheitsamt ausgegeben haben. Angeblich sollten die aufgesuchten älteren Menschen auf Corona getestet werden“, sagt Rust. So kommen die Täterinnen und Täter in die Wohnung und stehlen dort schnell Bargeld und Wertgegenstände.

„Bekannt geworden sind Versuche von Trickdieben, die sich als Mitarbeitende vom Gesundheitsamt ausgegeben haben. Angeblich sollten die aufgesuchten älteren Menschen auf Corona getestet werden.“
Mit Corona im Internet betrügen
Auch Phishing blüht durch Corona mit neuem Betreff auf: So sind beispielsweise Mails im Umlauf, die vorgeben, von Finanzinstituten zu kommen. Ihr Betreff: „Umgang mit dem COVID-19-Erreger“ oder ähnliches. Mit der Mail werden die Empfängerinnen und Empfänger beispielsweise aufgefordert, ihre Kontaktdaten zu aktualisieren, damit während der Corona-Krise Bankmitarbeiterinnen und -mitarbeiter per Chat mit ihnen kommunizieren dürfen. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen macht darauf aufmerksam, dass es sich dabei um typische Phishing-Mails handelt. Der Absender ist also kein seriöses Unternehmen. Wer auf die Links in der Mail klickt und seine Daten eingibt, leitet diese an die Betrügerinnen und Betrüger weiter. Alternativ installiert man sich durch den Klick unbemerkt Schadsoftware auf dem Rechner, die Daten ausspioniert oder den Computer unbenutzbar macht. Wer solche oder ähnliche verdächtige Mails bekommt, sollte diese an die Verbraucherzentrale weiterleiten.
Ganz anders läuft der Betrug mit so genannten Fake-Shops ab: Dabei bauen Betrügerinnen und Betrüger Onlineshops nach. Sie nutzen als Adresse für deren Internetseiten oft URLs, die denen echter Seiten ähnlich sind, aber erweitert werden. „Wo eigentlich nur ein ‚.de‘ stehen müsste, heißt es beispielsweise ‚.de.com‘.“, warnt das Landeskriminalamt (LKA) NRW auf seiner Internetseite. Wer dann im Fake-Shop bestellt, wird häufig um Vorkasse gebeten. Dann ist das Geld weg, einen Gegenwert bekommt die Käuferin oder der Käufer jedoch nicht – oder wenn, dann nur minderwertige Produkte. Besonders häufig werden übrigens Desinfektionsmittel und Medikamente günstig angeboten.
Interpol, also die International Criminal Police Organization oder Internationale kriminalpolizeiliche Organisation, führte übrigens im März 2020 eine weltweite Operation durch, bei der rund 34.000 nicht genehmigte und gefälschte Medizinprodukte wie Masken, „Coronaspray“ und „Coronavirus-Medizin“ beschlagnahmt wurden. Wer ein Medikament gegen eine COVID-19-Erkrankung online angeboten bekommt, sollte seinen gesunden Menschenverstand nutzen: Gäbe es entsprechende Tabletten oder Säfte, würden nicht weltweit Menschen an dem Virus erkranken und sterben.
Tipp: Wer auf einen Fake-Shop-Seite hereingefallen ist, sollte Screenshots von der Internetseite, von der Bestellung und möglicher zugehöriger E-Mails machen und Strafanzeige online stellen, heißt es beim LKA NRW weiter. Außerdem lohnt es sich, in diesem Fall Kontakt zur Hausbank aufzunehmen und zu fragen, ob die Zahlung rückgängig gemacht werden kann.
Vorsicht vor Spendenbetrug
In der Vorweihnachtszeit sollte man außerdem bei Spendenaufrufen vorsichtig sein: Es kursieren Mails mit dem Logo der WHO, also der World Health Organization oder auf deutsch: der Weltgesundheitsorganisation, in denen angeblich um Spenden zur Bekämpfung der Pandemie gebeten wird. Solche gefälschten Spendenaufrufe sind grundsätzlich im Namen jeder Hilfsorganisation denkbar. Darum sollte man besonders vorsichtig sein, wenn man in Zusammenhang mit Corona angeschrieben wird. Ein Blick auf die Internetseite der betreffenden Organisation, kann bei der Frage weiterhelfen, ob ein solcher Spendenaufruf echt ist. Dazu aber bitte nicht die Kontaktdaten aus der Mail nehmen, sondern die Seite im Netz gezielt ansteuern. Das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen ist außerdem eine gute Adresse, um herauszufinden, wie seriös eine Hilfsorganisation ist.
Bei der Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes gibt es übrigens noch viel mehr Corona-Abzocksversuche – am Telefon und der Haustür, per E-Mail, bei Privatleuten, aber auch bei Unternehmen. Gegen sie gewappnet ist am ehesten, wer sie kennt.