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„Die Idee entstand in unserer Stammkneipe“
Es gibt kaum ein Volksfest in der Region, auf dem ihre kölschen Töne fehlen: die Bläck Fööss. In diesem Jahr feiert die Band ihr 50-jähriges Jubiläum. Im Interview erzählen sie von früheren Zeiten und verraten, welches Lied sie am liebsten singen.
meinKölnBonn: Die Bläck Fööss feiern in diesem Jahr ihr 50-jähriges Jubiläum. Wie kam es 1970 zur Gründung der Band mit der ersten Single “Rievkooche-Walzer”?
Erry: Wir hatten alle vorher bereits in diversen Kölner Beatbands gespielt und dann später als Stowaways als Begleitband von Graham Bonney gearbeitet. Der gab uns dann den Tipp, statt auf Englisch auch mal auf Kölsch zu singen, und hat dann sogar unsere erste Single, den “Rievkooche-Walzer”, finanziert. Das war dann der Beginn der Bläck Fööss.
Und wer hatte die Idee, die Band “Bläck Fööss” zu nennen und barfuß aufzutreten?
Erry: Die Idee entstand in unserer Stammkneipe, der Ringschänke am Ubierring, bei ganz vielen Kölsch. “Bläck” als Assoziation zum Englischen, das kam vielleicht von Peter, dem angehenden Englischlehrer, nur mit einer anderen Bedeutung, und “Fööss” für das Bodenständige, wohl initiiert von Hartmut, mit beiden Füßen auf der Erde bleiben.
Wenn Sie auf die letzten 50 Jahre zurückblicken: Was gehört ganz klar zu den Höhepunkten?
Erry: Einer der Höhepunkte war unsere Begegnung mit Nelson Mandela. Kurz nachdem Mandela aus der Haft entlassen worden war, gab die SPD ihm zu Ehren einen Empfang in Bonn. Wir sangen dort den Song “Homeless” von Ladysmith Black Mambazo, die Antiapartheitshymne überhaupt. Da stand dann Mandela mit Willy Brandt vor uns und auch die Mitglieder des Musicals Sarafina, das die Geschichte der Haft Mandelas erzählt, waren dabei. Mandelas Hand zu schütteln, das war ein sehr beeindruckendes Erlebnis. Auch das Millennium-Konzert vor 15.000 Zuschauern in der ausverkauften Arena werde ich nie vergessen. Ich bekomme heute noch Gänsehaut, wenn ich daran denke.
Das sind die Bläck Fööss: Ernst Josef “Erry” Stoklosa ist Gründungsmitglied der Kultband. Seit 1970 steht er am Mikrofon und spielt Gitarre und Percussion. Er und sein Bandkollege Günther Antonius “Bömmel” Lückerath sind die einzigen Gründungsmitglieder der Bläck Fööss, die heute noch in der Band spielen. Unterstützung bekommt Erry am Mikrofon seit 2017 durch Mirko Bäumer. Seit 1994 kamen immer wieder neue Bandmitglieder hinzu. Der erste, der zu der Band stieß, war Ralph “Gus” Gusovius, der hauptsächlich hinter dem Schlagzeug der Band sitzt, zuletzt der Bassist Hanz Thodam 2019. Seit 2017 mit dabei: Pit Hupperten an Gesang und Gitarre. Mehr Informationen zur Band gibt es hier.
Seit 1970 hat die Band fünf Jahrzehnte deutscher Geschichte miterlebt und mitgeschrieben. Welches Jahrzehnt war Ihnen am liebsten? Und warum dieses?
Erry: Das lässt sich beim besten Willen nicht sagen. In jedem Jahrzehnt gab es besondere und sehr spezielle Erlebnisse, Begegnungen und Momente, die ich nicht missen möchte.
In den letzten Jahren haben sich die Bläck Fööss deutlich verjüngt. Konnten sich die Neuen schnell in die Famillich einfinden? Und haben Sie noch Kontakt zu Ihren Ehemaligen?
Mirko: Als Neuer kann ich hier auch mal was sagen. Ich hatte Ende 2015 zum ersten Mal Kontakt zu den Kollegen. Wir kennen uns also mittlerweile schon ein paar Jahre und haben schon viel gemeinsam erlebt. Ich denke, ich spreche auch für Pit und Hanz, wenn ich sage, dass die “Alt-Fööss” alles dafür getan haben, uns so schnell und so gut wie möglich einzubetten. Wir haben immer noch großen Respekt vor dem, was die Jungs in den 50 Jahren auf die Beine gestellt haben. Jetzt sind wir ein Teil der Famillich und dürfen die Bandgeschichte weiterschreiben. Das ist eine große Aufgabe, aber die Resonanz bei unseren Auftritten zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Zu besonderen Anlässen trifft man auch die alten Bandmitglieder.
Die Coronapandemie hat unser aller Alltag verändert. Wie wirkt sich die Krise auf Ihren Bandalltag aus?
Mirko: Als Band hat man in dieser komischen Zeit natürlich schlechte Karten. Auftritte finden vorerst nicht statt, und es wird wohl leider noch eine Weile dauern, bis größere Menschenansammlungen wieder genehmigt werden. Bis dahin hat man Zeit, um zum Beispiel an einer CD zu arbeiten oder sich im Netz zu zeigen.
Ihr Jubiläumskonzert im Sommer muss leider abgesagt werden. Ihre Jubiläumsausstellung im Stadtmuseum dagegen kann besucht werden. Wie ist das für Sie?
Mirko: Wir waren sehr glücklich darüber, dass die Konzerte am Dom so schnell ausverkauft waren. Umso bitterer ist es nun, dass diese Veranstaltungen vorerst verschoben werden müssen. Wir hoffen, dass wir schnell geeignete Nachholtermine finden. Das wünschen wir auch unseren Kollegen von Kasalla, die sich auf ihr Konzert im RheinEnergieStadion gefreut hatten. Ein Besuch in einem Museum ist dagegen keine Großveranstaltung und ist nach neuesten Beschlüssen ab Anfang Mai wieder genehmigt. Das ist doch schon mal ein erfreulicher Anfang.
240 Seiten | Preis: 29,95 € | ISBN: 978-3-948272-06-7Zum fünfzigjährigen Bestegen der kölschen Kultband versammelt der Bildband von Peter Feierabend Geschichten aus den letzten Jahrzehnten. Weggefährten, Kollegen, Zeitzeugen und Fans teilen ihre Erinnerungen an die Bläck Fööss. Eindrucksstarke Bilder geben einen Einblick in die Geschichte der Band die eng mit ihrer Stadt verknüpft ist.
Welche neuen Herausforderungen haben sich Ihnen in den vergangenen Jahren gestellt, und wie haben Sie diese gemeistert?
Mirko: Die personelle Veränderung ist sicherlich eine große Herausforderung. Mit jedem bekannten Gesicht, das die Band verlässt, muss ein neues Gesicht etabliert werden. Das hat bisher sehr gut funktioniert. Wir Neuen fühlen uns im Kreis der älteren und der neuen Kollegen sehr wohl. Wenn dieses Wohl- und Wirgefühl beim Publikum ankommt, haben wir einen großen und wichtigen Schritt geschafft.
Ihr Publikum ist Ihnen schon seit Jahren treu. Womit überzeugen Sie es mit jedem neuen Lied aufs Neue?
Gus: Mit guter Musik und mit niveauvollen, intelligenten Texten, in denen die Leute sich wiederfinden können.
Wer hat, neben Ihren Bandkollegen, entscheidend mit zu der langen Bandgeschichte beigetragen?
Gus: Da gibt es viele Menschen im Hintergrund, die uns lange Jahre begleitet haben und zum Teil immer noch begleiten. Ganz gleich, ob nun Komponist, Texter, Gastmusiker, Verleger, Verein, Plattenfirma, Konzertveranstalter, Toningenieur, Lichttechniker, Fahrer, Manager, Sekretärin oder Reinigungskraft: Mit allen haben wir immer sehr kontinuierlich über lange Zeiträume hinweg zusammengearbeitet. Bei manchen sind es mittlerweile bereits viele Jahrzehnte, und ich bin mir sicher, dass es nicht zuletzt auch diese Kontinuität ist, der wir es zu verdanken haben, dass es die Band nach mehr als 50 Jahren immer noch gibt.
Wie haben es die Bläck Fööss geschafft, so lange aktuell zu bleiben?
Hanz: Diese Stadt hat schon immer ihre interessanten Geschichten, die, Gus sagte das mal so treffend, auf der Straße liegen. Man kann den Menschen auf den Mund schauen und mit Neugierde und offenen Augen durch die Welt laufen. Dann findet man viele tolle und aktuelle Geschichten. Außerdem sind selbst Dinge, die vor vielleicht 20 Jahren aktuell waren, heute für die nächste Generation wieder genauso wichtig. Denn die Probleme zeigen sich vielleicht nur in einem anderen Gewand oder einer anderen Tiefe. Hier seien nur kurz die ökologischen Aspekte und Probleme genannt, die ja nicht neu sind und die, solange der Mensch lebt, ein Thema für alle Generationen bleiben. Es gibt immer wieder gesellschaftliche Aspekte, die sich ändern, Lebensumstände und Bereiche, auf die man eingehen, die man entdecken, beeinflussen und die Neuerungen aufzeigen kann. Das kann politisch, ökologisch, sozial und auch gesellschaftlich sein.Außerdem hält der Umgang mit Menschen jeder Couleur, jeder Generation, sowie das Interesse für Kunst, verschiedenste Musik, von Jazz bis Klassik, Samba bis Pop, jung und bietet vielfältige Inspiration.
Woher nehmen Sie die Ideen für die Songs, die Sie selbst schreiben? Was inspiriert Sie?
Mirko: Die Ideen nimmt man sich nicht. Die kommen ganz plötzlich. Das Leben schreibt die schönsten Lieder. Man muss nur die Augen und Ohren aufmachen.
Verraten Sie uns noch Ihren persönlichen Lieblingssong der Bläck Fööss?
Mirko: “En unserem Veedel”. Da geht mir immer noch das Herz auf!
Und noch eine letzte Frage: Haben Sie Tipps für neue Talente, die wie Sie den Durchbruch schaffen wollen?
Mirko: Man braucht Talent, einen langen Atem und etwas Glück. Man spürt relativ früh, ob es so was wie einen Durchbruch geben kann. Solange das nicht feststeht, ist es auf jeden Fall ratsam, einen Plan B zu haben.
Vielen Dank für das Interview.