Wohnen
Das Haus wird smart
Mit Smarthome-Anwendungen lässt sich der Komfort in den eigenen vier Wänden mit nur einem Fingertipp erhöhen. Welche Lösungen es gibt, welche Vor- und Nachteile diese mit sich bringen und worauf man beim Kauf achten sollte, erläutert David Schick, Referent Digitale Energiewende von der Verbraucherzentrale NRW.

Herr Schick, wie groß ist die Bandbreite bei Anwendungen im Bereich Smarthome?
Eigentlich fallen sämtliche Anwendungen auf dem Markt in mindestens eine von drei Kategorien. Das sind Sicherheit, Komfort und Energie. In die Kategorie Sicherheit gehören alle Lösungen, die dazu beitragen, die eigenen vier Wände zu schützen. In den Bereich Komfort fällt alles, was das Leben entspannter und einfacher macht. Und in der Kategorie Energie finden sich alle Anwendungen, die Verbrauchern dabei helfen, effizienter und sparsamer mit Energie umzugehen. Natürlich ist diese Unterteilung nicht immer ganz trennscharf. Nehmen wir etwa Bewegungsmelder. Die erhöhen nicht nur die Sicherheit, indem sie melden, wenn sich jemand im Haus bewegt. Mit ihnen lässt sich auch das Licht steuern und so Energie sparen.
Welche konkreten Lösungen gibt es in den verschiedenen Kategorien?
In der Kategorie Sicherheit sind das zum Beispiel Kameras, die sowohl innen als auch außen installiert werden können. Aber auch Zugangssysteme, Bewegungs- sowie Kontaktmelder an den Fenstern oder Rauchmelder fallen in diesen Bereich. Weil sie laute Geräusche machen, können Letztere im Smarthome zugleich als Alarmanlage eingesetzt werden. Aktuell würde ich die smarten Sicherheitssysteme aber noch nicht alleine nutzen, sondern eher als doppelten Boden einsetzen. Denn auch ohne Stromausfall funktionieren die meisten Systeme noch nicht hundertprozentig, sodass man sich eventuell in falscher Sicherheit wiegt.
Und welche Lösungen gibt es im Bereich Komfort und Energie?
In die Kategorie Komfort fallen zum Beispiel Fernseher und Hi-Fi-Anlagen. Hinzu kommen Sprachassistenten, die auch in Deutschland immer beliebter werden, sowie Staubsauger- und Gartenroboter. Aber auch Gruppensteuerungen für das Licht würde ich hier ansiedeln. Mit ihnen muss man nicht mehr jedes Licht einzeln einschalten, sondern kann bequem per Smartphone in verschiedenen Räumen gleichzeitig das Licht an- und ausmachen. Deshalb spielt die Lichtsteuerung auch in der Kategorie Energie eine wichtige Rolle. Wichtiger sind hier aber sicherlich Bewegungsmelder für die Lichtsteuerung und Thermostate für die Heizung. Mit Letzteren lässt sich die Temperatur im Raum auch von unterwegs prüfen. Bei Bedarf können Heizkörper dann gezielt ein- und ausgeschaltet werden.
Was braucht es, damit Smarthome-Anwendungen überhaupt als smart gelten?
Da gibt es keine feste Definition. Allgemein anerkannt ist aber, dass eine Vernetzung stattfinden muss. Also zum Beispiel zwischen Geräten. Im Smarthome kommunizieren diese miteinander, um Aufgaben, die bislang manuell erledigt werden mussten, automatisiert auszuführen. Dafür reicht aber auch schon ein einzelnes, mit dem Internet verbundenes Gerät. Aus diesem Grund lässt sich auch nur schwer sagen, wie verbreitet das Smarthome in Deutschland schon ist. Klar ist nur: Der Markt wächst – und zwar sehr stark.
Der größte Nutzen für den Anwender ist also ein Plus an Komfort?
Ja, auch wenn Hersteller meist mit Einsparpotenzialen beim Energieverbrauch werben. Zwar lässt sich mit einigen Lösungen auch Energie sparen. Schaut man sich aber an, wie viel der durchschnittliche Verbraucher für Heizung, Strom und Licht ausgibt, fallen die Einsparungen eigentlich nur bei der Heizung ins Gewicht. Letztlich ist die Entscheidung für oder gegen eine Smarthome-Anwendung also meist eher eine Entscheidung für oder gegen den zusätzlichen persönlichen Komfort.
Gibt es auch Nachteile bei Smarthome-Anwendungen?
Ja, denn auf dem Markt fehlt die gesetzliche Regulierung. Dadurch gibt es für Verbraucher aktuell nur wenige Sicherheiten. Das betrifft zum Beispiel die Kombinierbarkeit von Lösungen. Nehmen wir etwa an, ein Mieter kauft sich eine Lichtsteuerung von Hersteller A. Nach einigen Monaten möchte er zusätzlich eine Heizungssteuerung von Hersteller B installieren. Ob beides kombiniert werden kann, ist aktuell kaum zu durchschauen. Wenn man Pech hat, muss man zur Steuerung irgendwann auf mehrere Systeme parallel zugreifen. Das macht es weder einfach noch bequem. Aber auch bei der Herstellerhaftung fehlen noch Regelungen. Laut Europäischer Union müssen die Hersteller innerhalb eines vernünftigen Zeitraums notwendige Software-Updates zur Verfügung stellen. Aber was ist ein vernünftiger Zeitraum? Das definiert die Richtlinie nicht. Wenn wir den Mieter von eben nehmen, weiß er also nicht, ob er in fünf Jahren noch Software-Updates für seine Lichtsteuerung bekommt. Das Gleiche gilt übrigens auch bei der Haftung für die Hardware. Das finde ich schwierig.

„Welche Datenschutzstandards für welches Produkt gelten, muss man individuell prüfen.“
Und wie sieht es bei den Lösungen in puncto Datenschutz und -sicherheit aus?
Grundsätzlich muss man sagen, dass wir in Deutschland beim Datenschutz sehr gut aufgestellt sind. Aber letztlich gibt es auf dem Markt natürlich nicht nur deutsche Anbieter, sondern auch Hersteller aus den USA und China. Und dann gibt es noch Anbieter aus Deutschland, die für den Betrieb der Systeme Server im Ausland nutzen. Welche Datenschutzstandards für welches Produkt gelten, muss man also individuell prüfen. Und am Ende ist es doch leider so: Bei allem, was mit Daten und Datennetzen zu tun hat, gibt es keine hundertprozentige Sicherheit.
Womit sollte man sich beschäftigen, wenn man eine Smarthome-Anwendung zu nutzen plant?
Die erste Frage, die ich stellen würde, ist: Sind Sie Eigentümer oder Mieter? Baut man gerade neu oder plant einen aufwendigen Umbau, kommen Kabellösungen infrage. Die sind langlebig und zuverlässig, aber leider auch sehr teuer. Hier sollte man sich definitiv verschiedene Hersteller anschauen. Denn auch, wenn die Preise bei Einzellösungen nur um zehn bis zwanzig Euro schwanken, geht es bei Gesamtpaketen auch schon mal um mehrere Hundert oder Tausend Euro Preisunterschied. Mieter sollten eher Funkanwendungen nutzen. Für sie muss man keine Kabel verlegen, daher bieten sie eine hohe Flexibilität. Die Kosten für ein Einstiegspaket mit Thermostat, Bewegungsmelder sowie Tür- und Fensterkontakt bewegen sich – je nach Hersteller – zwischen 450 und 700 Euro. Damit sind sie deutlich günstiger als die Kabellösungen. Die zweite Frage, die sich Interessenten stellen sollten, ist, welche Lösungen man perspektivisch nutzen möchte. Idealerweise wählt man einen Hersteller, der alle diese Lösungen im Portfolio hat, und fängt mit nur einer Anwendung an. Denn indem man sein Smarthome Stück für Stück auf- und ausbaut, sieht man, ob man die Lösungen im Alltag überhaupt nutzt.
Ein Blick in die Zukunft: Gibt es neue Smarthome-Lösungen, die bald auf den Markt kommen könnten?
Ja, intelligente Heizungen. Die stecken zwar noch in den Kinderschuhen, werden von den Herstellern aber schon ausprobiert. Sie sind der nächste logische Schritt, denn wenn man über die Thermostate hinaus denkt, landet man unwillkürlich im Heizungskeller. Künftig werden Heizkessel und Thermostat miteinander vernetzt. Damit wird die Heizung von Anfang bis Ende intelligent. Wie lange es noch dauert, bis diese Lösungen sich am Markt durchsetzen, kann ich aber nicht sagen. Das hängt von der Branche und vom Handwerk ab.