„Vor allem bei Bestandsobjekten gilt es genau hinzuschauen“
Mario Smeets, Leiter Private Baufinanzierung bei der Sparkasse KölnBonn, spricht darüber, wie Immobilieninteressierte beim Traum von den eigenen vier Wänden strategisch vorgehen sollten und was bei der Finanzierung des Eigenheims zu beachten ist.

Überangebot und Verhandlungsmacht: Die neue Situation für Käuferinnen und Käufer auf dem Immobilienmarkt

Herr Smeets, hohe Rabatte, Teilzahlung oder teure Sonderausstattung zum Nulltarif – Immobilienanbieter rollen Kaufinteressierten seit einigen Monaten vielerorts den roten Teppich aus. Was ist da los?
Smeets: Die Situation am Immobilienmarkt hat sich in den vergangenen Monaten komplett gewandelt. Noch vor ein oder zwei Jahren waren erschwingliche Objekte kaum zu bekommen – jetzt beobachten wir mitunter ein gewisses Überangebot in bestimmten Segmenten. Käuferinnen und Käufer haben dadurch deutlich mehr Verhandlungsmacht als noch vor ein paar Jahren.
Ist also nun der Zeitpunkt gekommen, um den Traum von den eigenen vier Wänden in die Tat umzusetzen?
Smeets: Wenn man allein auf die Preisentwicklung schaut, dann sicherlich ja. Rückblickend betrachtet hat sich ein Immobilienerwerb in den vergangenen Jahrzehnten immer ausgezahlt, wenn man die Wertentwicklung bei einem späteren Verkauf als Maßstab nimmt. Die entscheidende Frage ist aber zunächst, ob potenzielle Käuferinnen und Käufer auch in der Lage sind, die Finanzierungslast zu stemmen. Die Preise sind ja unter Druck geraten, weil die Zinsen für Immobilienkredite in den vergangenen Monaten stark gestiegen sind und sich viele Interessierende zurückgezogen haben. Für ein Darlehen über eine gängige Finanzierungssumme von beispielsweise 350.000 Euro fallen derzeit Zinsen von etwa 1.150 Euro pro Monat an. Dann sind sie bei einer anfänglichen Tilgung von zwei Prozent schnell bei einer monatlichen Rate von 1.700 bis 1.800 Euro. Dazu kommen die laufenden Betriebskosten für Strom, Wasser, Heizung, Grundabgaben und zusätzliche Investitionen zum Beispiel für energetische Sanierungsmaßnahmen. Das Problem der steigenden Zinsen betrifft im Übrigen auch Baufinanzierende, deren Zinsbindung in zwei oder drei Jahren ausläuft. Angesichts weiter steigender Zinsen kann es für sie eine Alternative sein, sich mit einem Forward-Darlehen das aktuelle Zinsniveau zu sichern.
Wie viel Kredit ist denn aus Ihrer Sicht vertretbar?
Das hängt im konkreten Fall davon ab, wie die monatliche Liquiditätssituation ist. Entscheidend ist, welche finanzielle Verpflichtung Kreditnehmerin oder Kreditnehmer auf Dauer tragen können. Wir reden hier schließlich über mindestens 20 Jahre, bis das Darlehen üblicherweise abbezahlt ist. Als Faustregel gilt, dass die Höhe der monatlichen Ratenzahlung nicht höher als 40 Prozent des Nettoeinkommens sein sollte. Damit vor diesem Hintergrund eine Finanzierung auch für Durchschnittsverdiener noch realisierbar wird, haben wir den Mindesttilgungssatz auf ein Prozent gesenkt. Wir haben als Kreditinstitut aber auch eine Fürsorgepflicht. Wenn wir merken, dass der Wunsch nach einer Immobilie so groß ist, dass Kundinnen und Kunden unvernünftig werden und ihre Möglichkeiten überreizen, ziehen wir mit unserer Zusage nicht mit. Schwierig wird es vor diesem Hintergrund für all diejenigen, deren Zinsbindung in den kommenden vier bis fünf Jahren ausläuft.
Warum?
Weil wegen der sehr niedrigen laufenden Verzinsung bei anfänglichen Tilgungssätzen von zwei oder drei Prozent viele diese Darlehen eine vergleichsweise hohe Restschuld aufweisen. Da die Zinsen im Vergleich heute zwei oder drei Punkte höher liegen als beim Erstabschluss, müssen Betroffene mit einer deutlich höheren Belastung rechnen. Das kann im einen oder anderen Fall zu ernsten finanziellen Schwierigkeiten führen.
Wie lässt sich das verhindern?
Am ehesten dadurch, dass der Zeitpunkt beim Auslaufen der Zinsbindung für eine zusätzliche Sondertilgung genutzt wird. Wenn nicht gerade eine Erbschaft oder zwischenzeitlich geschenktes Geld zur Verfügung stehen, wird das möglich, wenn bis dahin zusätzlich etwas angespart worden ist.
Erfreulicherweise werden bei sicheren Anlagen inzwischen wieder Zinsen gezahlt, die mitunter sogar höher sind als der Darlehenszins. Eine überlegenswerte Alternative ist der Abschluss eines Bausparvertrags, der lange aus der Mode gekommen ist. Auch hierbei profitieren Immobilienfinanzierende von den gestiegenen Einlagensätzen, gleichzeitig sichern sie über das Bauspardarlehen einen günstigen Zinssatz für eine Anschlussfinanzierung, wenn der Vertrag bis dahin zuteilungsreif ist. Zusätzlich Geld zurückzulegen, lohnt sich also für die Immobilienfinanzierung gleich in doppelter Weise.
Empfehlung für Kundinnen und Kunden
Kommen wir aber noch mal zu Kundinnen und Kunden, die zu Ihnen kommen, weil sie ein Objekt suchen, das sie dann finanzieren wollen. Was empfehlen Sie denen?
Dass Sie unbedingt von unserem Baufinanzierungs-Zertifikat Gebrauch machen sollten, das wir nach dem Erstgespräch auf Wunsch mitgeben. Damit haben sie eine Bestätigung in der Hand, dass wir als Sparkasse KölnBonn eine bestimmte Kaufsumme finanzieren. Mit dem Zertifikat können sie dann mit dem Verkaufenden beziehungsweise Makelnden vor Ort direkt in die Kaufverhandlungen einsteigen und werden als Interessent ernst genommen. Darüber hinaus gilt, unbedingt genau hinzuschauen und vor allem Bestandsobjekte auf Herz und Nieren zu prüfen – gegebenenfalls mit Hilfe eines Fachmanns.
Sie meinen: Nur, weil ein Objekt günstiger geworden ist, bedeutet das nicht, dass es sein Geld wert ist?
Richtig. Bei hochwertigen, neuen Objekten in guten Lagen muss man sich darüber vielleicht nicht so viele Gedanken machen. Aber deren Preise sind auch vielfach vergleichsweise stabil geblieben. Anders sieht es oftmals bei älteren Gebäuden an weniger attraktiven Standorten aus. Viele davon sind vom allgemeinen Preisaufschwung in den vergangenen Jahren mitgetragen worden. Aufgrund der Bausubstanz besteht in vielen Fällen jedoch Instandhaltungs- oder Modernisierungsbedarf und nun kommt das Thema energetische Sanierung auf die Agenda. Siesollten dabei nicht vergessen, dass es bei den Baumaterialien immer noch hin und wieder zu Lieferengpässen kommt. Vor allem aber sind die Kosten für einzelne Maßnahmen geradezu explodiert und Handwerker bekommt man in vielen Fällen erst mit monatelanger Wartezeit. Diese Umstände und Ausgangsvoraussetzungen sollten beim Kaufpreis, vor allem aber bei der Finanzierungssumme berücksichtigt werden.