ANLEGEN
Inflation: „An Sachanlagen führt kein Weg mehr vorbei“
Dennis Zaunbrecher, Azubi bei der Sparkasse KölnBonn, spricht für meinkoelnbonn.de mit seinen Kollegen, den Wertpapierexperten Gerald Forsbach und Andreas Werling darüber, wie Anlegerinnen und Anleger auf die steigenden Inflationsraten reagieren sollten, warum es wenig Hoffnung für eine schnelle Erhöhung der Sparzinsen gibt und wie der Einstieg an den Wertpapierbörsen auch mit wenig Geld gelingt.

Dennis: Hallo, Gerald, hallo, Andreas, schön, dass Ihr Zeit gefunden habt, um mit mir über ein Thema zu sprechen: Immer häufiger kommen Kundinnen und Kunden zu uns in die Filiale und sprechen uns darauf an, dass sie sich Sorgen machen wegen der steigenden Inflationsraten. Mittlerweile ist ja schon die Sieben-Prozent-Marke übersprungen worden. Ihr als Anlageexperten kennt Euch doch damit aus. Was soll ich ihnen sagen? Sind ihre Sorgen begründet?
Gerald: Aus Anlegersicht schon. Wir hatten ja in den vergangenen zehn Jahren eine sehr niedrige Inflation. Das hat sich nun schlagartig geändert und viele Anlegerinnen und Anleger müssen sich daran erst wieder gewöhnen – vor allem daran, dass auch bei sicheren Zinsanlagen real hohe Vermögenverluste drohen, auch wenn auf dem Papier vielleicht ein kleines Plus steht.
Knappheit als klassischer Inflationsfaktor
Dennis: Warum ist die Inflation nun plötzlich so schnell gestiegen?

Gerald: Da sind viele Faktoren zusammengekommen. Die weltweiten Lieferketten waren schon während der Pandemie gestört. Aber durch die Ukraine-Krise hat sie die Situation zusätzlich verschärft. Vor allem die Preise für Energie und Rohstoffe sind in den vergangenen Wochen noch einmal rasant gestiegen. Von Einzelfällen abgesehen gab es in den vergangenen zehn, 20 Jahren nicht einmal die Situation, dass Produkte in dieser Vielfalt nicht verfügbar waren – und Knappheit ist ein klassischer Inflationsfaktor.
Dennis: Wie lange wird das so bleiben?
Gerald: Wir als Sparkasse KölnBonn rechnen damit, dass die Lieferengpässe zunächst noch weiter andauern werden und der Preisdruck erst zum Jahresende hin nachlässt.
Keine sicheren Zinsanlagen in nächster Zeit
Andreas: Der Rohstoffsektor, vor allem der Energiebereich, ist aktuell von der Sorge vor einem Energieembargo gegen Russland getrieben. Das verzerrt im Moment die Situation. Von Inflationsraten um die ein oder zwei Prozent müssen wir uns allerdings auf Dauer verabschieden. Für Anlegerinnen und Anleger heißt das: Sie müssen sich mit einer nachhaltig veränderten Situation beschäftigen und die Tatsache akzeptieren, dass es mit sicheren Zinsanlagen auf absehbare Zeit nicht möglich sein wird, die Inflationsraten auszugleichen und damit die reale Vermögensbasis zu erhalten. Auch Rentenfonds sind derzeit keine gute Wahl. Denn die gestiegenen Inflationserwartungen und die damit einhergehenden steigenden Renditen führen gerade bei den Anleihen mit langer Laufzeit zu Kursverlusten. Das macht sich dann auch bei der Wertentwicklung dieser Fonds negativ bemerkbar.
Alternative Anlageformen
Dennis: Wann werden denn die Leitzinsen und damit auch die Zinsen für Sparprodukte wieder steigen?
Andreas: Die amerikanische Notenbank hat signalisiert, ihre Leitzinsen in diesem und im kommenden Jahr in mehreren Schritten deutlich anzuheben. Die Europäische Zentralbank EZB zögert noch. Zunächst sollen die monatlichen Anleihekäufe reduziert werden. Erst nach dem Ende der Anleihekäufe können dann die Leitzinsen angehoben werden. Aktuell mehren sich die Zeichen, dass ein erster Zinsschritt der EZB bereits im Sommer erfolgen könnte. Danach sind – anders als in den USA – eher kleinere Zinsschritte der EZB zu erwarten, sodass wir mit keiner starken Zinswende rechnen. Für Anlegerinnen und Anleger, die ihr Geld weiterhin auf Spar- oder Tagesgeldkonten anlegen in der Hoffnung auf bessere Zeiten, kann es also teuer werden. Stattdessen sollten sie daran gehen, ihr Vermögensportfolio mit anderen Anlageformen auszubalancieren. Es gibt viele Anlagelösungen, die in dieses Umfeld passen – welche davon im Einzelfall geeignet sind, lässt sich mit unseren Expertinnen und Experten herausfinden. Sie klären im Beratungsgespräch wichtige Fragen wie Renditevorstellungen, Risikoneigung und Anlagehorizont und konzipieren auf dieser Basis die passende Vermögensstrategie mit den entsprechenden Anlagelösungen.
Mischfonds für verschiedene Anforderungen
Dennis: Wie sehen denn solche Lösungen zum Beispiel aus?
Gerald: Mischfonds zum Beispiel haben einen viel größeren Anlagekosmos, weil sie zwischen verschiedenen Anlageklassen hin- und herwechseln und dabei auch in Spezialsegmente investieren können. Es gibt Zertifikate, mit denen Anlegerinnen und Anleger an gleichbleibenden oder leichtfallenden Märkten partizipieren können. Wir bieten Fondslösungen an, die in Trendthemen wie etwa Erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit investieren. Das Spektrum ist also groß. Grundsätzlich gilt: Auch sehr sicherheitsorientierte Sparerinnen und Sparer werden an Sachwertanlagen wie Aktien oder Immobilien nicht herumkommen. An den Märkten wird es zwar immer mal wieder zu Unsicherheiten kommen. Aber nur diese Anlageformen bieten auf Dauer die Chance, Renditen oberhalb der Inflationsrate zu erzielen.

Dennis: Nun ist es in Folge des Kriegs in der Ukraine aber zu hohen Kursschwankungen an den Börsen gekommen. Ist das jetzt ein guter Zeitpunkt, um in Aktien zu investieren?
Andreas: Die Risiken sind zweifellos gestiegen aber die Coronapandemie hat gezeigt, dass sich nach einem starken Einbruch wie im Frühjahr 2020 auch immer wieder Chancen ergeben.
In Aktien investieren
Gerald: Ein gestaffelter Einstieg ist zudem eine Möglichkeit, sich an den Aktienmarkt heranzutasten und den Unwägbarkeiten dort wirksam zu begegnen. Das heißt, etwa die Hälfte des Anlagebetrags sollte zeitnah investiert werden. Wenn sich abzeichnet, dass sich die Börsen auf die Situation eingestellt haben, wird der Rest in mehreren Teilbeträgen nachgeschoben. Der Vorteil ist: Man vermeidet den falschen Einstiegszeitpunkt – das perfekte Timing gelingt sowieso nie. Wenn es an den Märkten unerwartet noch einmal nach unten gehen sollte, kauft man günstig nach. Grundsätzlich sollte man aber bei einem Aktieninvestment einen langen Atem mitbringen.
Langfristige Lösung: Fondssparplan
Dennis: Viele Kunden haben keine einmalig hohe Summe zu Verfügung, die sie anlegen können. Welche Möglichkeiten gibt es für sie, in den Aktienmarkt zu investieren?
Andreas: Auch für Kunden, die anfangen Vermögen aufzubauen, bieten wir Lösungen an – zum Beispiel Fondssparpläne. Der Vorteil einer regelmäßigen Anlage ist, dass man sich – wie von Gerald bereits beschrieben – Schwankungen an den Märkten aktiv zunutze macht und automatisch auch in Schwächephasen zu günstigen Kursen zukauft. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass ein Aktienfondssparplan langfristig meist höhere Renditen abwirft als der zugrundeliegende Aktienindex.
Gerald: Selbstverständlich kümmern wir uns als Sparkasse auch um die kleinen Vermögen. Du fängst ja jetzt als Berufseinsteiger an, Vermögen anzusparen und weißt, dass es auf die richtige Aufteilung ankommt. Von daher wirst Du mit einem unserer Experten auch die Frage beantwortet haben, wie viel Aktien Du im Portfolio halten willst. Da Du sehr jung bist und die Papiere lange halten kannst, darf der Aktienanteil ruhig hoch ausfallen.
Vor- und Nachteile von ETFs
Dennis: Ich werde häufiger gefragt, ob man denn eher ETFs für den Einstieg in den Aktienmarkt nehmen sollte oder aktiv gemanagte Fonds. Was meint Ihr?

Andreas: Das lässt sich so pauschal nicht sagen. Weil das Portfolio eines ETF immer nur einen bestimmten Index nachbildet, bietet diese Fondsvariante Vorteile bei den Kosten. Auf der anderen Seite kann der Manager eines aktiv verwalteten Fonds zum Beispiel in unruhigen Phasen Papiere verkaufen und mehr Liquidität aufbauen, die er dann zu tieferen Kursen wieder investiert. Ein ETF ist dagegen immer voll – sozusagen in den Index investiert. Im Endeffekt kommt es auch hier auf die richtige Mischung an.
Mit Gold durch Krisen
Dennis: Hört sich super an. Neben Aktien gelten aber auch andere Anlagen als inflationssicher, neben Immobilien zum Beispiel Gold. Wie beurteilt Ihr die Chancen des Edelmetalls?
Gerald: Gold hat den Ruf, eine Krisenanlage zu sein. Auch in der aktuellen Situation hat sich dies bewahrheitet. So ist der Goldpreis seit dem Ausbruch des Krieges gestiegen, während Aktien zum Teil deutliche Verlust verbuchten. Was bei einem Goldinvestment grundsätzlich bedacht werden sollte: Das gelbe Edelmetall bietet weder eine laufende Verzinsung noch wird eine Dividende ausgeschüttet. Wer einsteigt, partizipiert nur an Preissteigerungen. Dabei gilt es, das Währungsrisiko im Auge zu behalten, da Gold in Dollar gehandelt wird.
Andreas: Wir bieten physisches Gold in Form von Barren in verschiedenen Größen an, die zum Beispiel auch über unsere Homepage bestellt werden können. Aber auch Goldzertifikate, die einen physischen Auslieferungsanspruch verbriefen. Gold und Rohstoffe allgemein sollten bei einem größeren Portfolio fester Bestandteil sein. Die Experten unserer hauseigenen Vermögensverwaltung investieren sehr geschickt und erfolgreich in diese Anlageklasse. Die wiederholt guten Ergebnisse belegen das.
Weniger Risiko dank Zertifikat
Dennis: Um Marktschwankungen komme ich offenbar als Anleger nicht herum, wenn ich in Sachwerte investiere. Wie kann ich das Risiko begrenzen?
Andreas: Wir bieten auch Lösungen für Kundinnen und Kunden mit niedriger Risikoneigung an, die nicht direkt in den Aktienmarkt investieren wollen – Zertifikatelösungen zum Beispiel, die an einem Basiswert wie etwa dem marktbreiten Euro-Stoxx-50-Index in Form eines Zinskupons gekoppelt sind. Dieser Kupon wird ausgezahlt, wenn der Basiswert in einem bestimmten Zeitraum um nicht mehr als einen festgelegten Prozentsatz fällt. Gerade in der aktuellen Situation ist es dabei wichtig, Zertifikate zu wählen, bei denen dieser Abstand sehr hoch ausfällt. Unser Einstiegszertifikat bietet zum Beispiel einen Puffer von 50 Prozent. Dafür fallen anderseits aber auch die Renditechancen nicht so hoch aus. Eine Möglichkeit das Risiko zu verringern, ist es auch, ein Papier mit endfälliger Betrachtung der Barriere zu wählen.
Dennis: Gibt es also aus Eurer Sicht auch für sicherheitsorientierte Anleger keine andere Wahl als in Aktien oder andere Sachanlagen zu investieren?
Gerald: Daran gibt es wohl kein Vorbeikommen, wenn ich die reale Kaufkraft meines Vermögens erhalten will. Auf die Dosis kommt es dabei aber an. Das ist eine individuelle Anlageentscheidung, die sinnvollerweise mit der Beraterin oder dem Berater gemeinsam getroffen wird.
Dennis: Ich danke Euch für das Gespräch!