Vorsorgen
Wie Unternehmen abgezockt werden
Betrügerinnen und Betrüger sind erfinderisch, wenn es darum geht, an das Geld von Unternehmen zu kommen. Oft greifen sie dabei auf modernste Technik zurück. Allerdings funktionieren einige Maschen auch fast ohne digitale Unterstützung seit vielen Jahren und Jahrzehnten.
Die Gelben Seiten sind in Deutschland das wohl bekannteste Branchenverzeichnis. Daneben gibt es noch viele andere Anbieter, die die Aufnahme in ein Onlineverzeichnis anbieten. Die sind jedoch längst nicht alle seriös. Allerdings sind ihre Aufnahmeanträge so gut gemacht, dass Unternehmerinnen und Unternehmer schon sehr genau hinschauen müssen, um zu erkennen, dass sie hereingelegt werden.
Online-Branchenverzeichnis prüfen
Gerade bei kleinen und mittelständischen Firmen fehlt dieser genaue Blick in der Hektik des Alltags jedoch häufig. Dann füllen sie den „Eintragungsantrag/Korrekturabzug“ für ein Branchenverzeichnis aus oder ergänzen ihn nur noch – und schon haben sie einen Vertrag über zwei Jahre geschlossen. Kosten: Um 1.000 Euro pro Jahr. Dafür bekommen die Handwerkerinnen und Handwerker, Freiberuflerinnen und Freiberufler oder andere Gewerbetreibende nicht viel: einen Eintrag in einem Onlineverzeichnis, das kaum Zugriffe hat. Eine eigene kleine Internetseite bringt in der Regel mehr.
Abofalle für Gewerbetreibende
Wer glaubt, auf diese Form der Abzocke, die es so schon seit Jahrzehnten gibt, falle niemand mehr herein, der täuscht sich.
Professor Thomas Hoeren vom Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster sagt:
„Die Branchenbuchportale im Netz sind so etwas wie Abofallen für die Zielgruppe Gewerbetreibende.“
Er rechnet damit, dass 80 Prozent derer, die die Formulare ausgefüllt, zurückgeschickt und schließlich eine Rechnung bekommen haben, zahlen.
„Es geht in dieser Branche um Millionen Euro-Beträge“, sagt der Experte. Wer also Post von einem Branchenbuchverlag bekommt, sollte diese ganz genau durchlesen.
• Kostet es etwas?
• Was bringt mir das?
• Sind andere Anbieter vielleicht besser und günstiger?
• Brauche ich das?
Wer ein solches Formular ausgefüllt und abgeschickt hat und eine Rechnung für eine Leistung bekommt, sollte auf jeden Fall eine Anwältin oder einen Anwalt einschalten. Auch die Industrie- und Handelskammern sind Ansprechpartner für Betroffene. Die Kölner Anwaltskanzlei WBS Law listet auf ihrer Internetseite sehr viele dubiose Anbieter dieser Verzeichnisse auf.
Ganz ähnlich läuft übrigens die so genannte Handelsregisterabzocke: „Dabei verschicken Betrügerinnen und Betrüger Rechnungen, die den Eindruck erwecken, ein amtlicher Gebührenbescheid zu sein: Die Gewerbetreibenden sollen für ihren Eintrag ins Handelsregister bezahlen“, erklärt Carsten Rust aus der Pressestelle der Polizei Köln. Tatsächlich übersehen dabei viele, dass sie die Rechnung vom echten Amtsgericht bereits bezahlt haben. Oder dass im Kleingedruckten steht, dass der angebliche Gebührenbescheid nicht im Zusammenhang mit einer Eintragung in das Handelsregister, sondern in ein völlig unbedeutendes Firmenverzeichnis im Internet steht.
CEO-Fraud: Wenn die Chefin oder der Chef scheinbar Geld verlangt
Bei Gaunern äußerst beliebt ist auch der sogenannte CEO-Fraud. Dabei bekommen Mitarbeitende eine Mail oder einen Anruf, der scheinbar von der oder dem Vorgesetzten kommt. In der Regel ordnet er oder sie an, dass eine sehr hohe Summe auf ein Konto überwiesen werden soll. Cem Karakaya, Cybercrime-Experte und Gründer des Blackstone432-Teams, kennt einen solchen Fall, in dem es um eine Überweisung in Millionenhöhe ging:
„Für die Betrügerinnen und Betrüger besonders interessant sind die Mitarbeitenden in den Buchhaltungsabteilungen.“
Auf die Anzeige der Telefonnummer im Display ist dabei übrigens kein Verlass: Mit wenigen technischen Mitteln lässt sich eine falsche Nummer vorgaukeln. Die Polizei NRW erklärt auf ihrer Internetseite ausführlich, wie ein CEO-Fraud vorbereitet und durchgeführt wird.
Auch Christiane Masong aus der Abteilung Geldwäsche- und Betrugsprävention bei der Sparkasse KölnBonn kennt Fälle von CEO-Fraud.
„Die Zahl der Betrugsversuche hat in den vergangenen Jahren zugenommen“
„Wenn uns mehrere Kundinnen und Kunden innerhalb kurzer Zeit darüber informieren, dass sie zweifelhafte Mails und Anrufe bekamen, platzieren wir bei den Gewerbetreibenden einen so genannten Störer im Onlinebanking. Damit klären wir über CEO-Fraud auf, weisen auf die aktuelle Betrugswelle hin und warnen vor überstürzten Überweisungen.“
Social Engineering: Wenn Vertrauen ausgenutzt wird
CEO-Fraud wird übrigens dem so genannten Social Engineering zugeordnet. Damit ist gemeint, dass Betrügerinnen und Betrüger vorgeben, mit dem Opfer bereits in einem Vertrauensverhältnis zu stehen. Sie geben also vor, den anderen zu kennen – vielleicht, weil man früher angeblich gemeinsam zur Schule ging, im gleichen Fußballverein gespielt hat, die Schwägerin, der befreundete Nachbar oder eben die Chefin ist. Eine der bekanntesten Formen von Social Engineering ist übrigens Phishing per E-Mail. Dabei geben die Betrügerinnen und Betrüger häufig vor, ein Unternehmen zu sein, mit dem die Opfer bereits eine Geschäftsbeziehung haben. Beispielsweise, weil sie dort Kundin oder Kunde sind oder waren. Bei Phishing versuchen Kriminelle, an die Zugangsdaten von Bankkonten zu kommen. Früher ließen sich diese Phishing-Mails oft noch relativ gut als solche erkennen. Heute sind viele so professionell, dass es selbst jemandem, der sich häufig in der digitalen Welt bewegt, zunehmend schwerer fällt, echte Mails von gefakten zu unterscheiden.
Wie Unternehmerinnen und Unternehmer noch geprellt werden
Neben den Betrugsmaschen in Zusammenhang mit der digitalen Welt halten sich auch Provisions- und Kreditbetrug bei Gewerbetreibenden hartnäckig. Darauf macht Carsten Rust aus der Pressestelle der Polizei Köln aufmerksam. Beim Provisionsbetrug kassieren die Vermittelnden eine Zahlung für eine vermittelte Kundin oder einen vermittelten Kunden zu Unrecht. Das ist beispielsweise in der Versicherungsbranche möglich, wenn den Gesellschaften vorgegaukelt wird, dass sie eine neue Kundin oder einen neuen Kunden gewonnen haben. Dafür bekommen sie eine Provision. Springt die Kundin oder der Kunde nach dieser Zahlung ab, hat die Versicherung im Zweifel Pech gehabt. Provisionsbetrug ist jedoch in allen Branchen möglich, in denen mit entsprechenden Zahlungen gearbeitet wird.
Achtung Kreditbetrug
Beim Kreditbetrug sind beispielsweise Unternehmen gefährdet, die auf eine private Kreditvermittlung setzen. „Die Unseriösen in der Branche werben häufig mit Begriffen wie ‚Sofortkredit ohne Schufa‘, ‚auch in schwierigen Fällen‘ oder ‚ohne Bonitätsprüfung‘“, heißt es dazu auf der Internetseite der Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes. Sie geben dann vor, einen Kredit zu vermitteln und verlangen dafür von den Firmenchefs Gebühren. Am Ende haben diese oft bezahlt – einen Kredit bekommen sie dadurch jedoch nicht. Allerdings ist nicht jeder Kredit ohne Schufa unseriös – darum sollte man hier genau hinschauen. Firmen, die Liquiditätsprobleme haben, sollten sich besser an ihre Hausbank wenden, um im individuellen Beratungsgespräch eine gemeinsame Lösung zu finden.
Waren- oder Leistungskreditbetrug
Auch Waren- oder Leistungsbetrug sind ebenso wie Warenkredit- sowie Leistungskreditbetrug ein gängiges Mittel, wenn Gewerbetreibende wenn Gewerbetreibende um ihr Geld gebracht werden.
„Bei Unternehmen sind die Fälle oft deutlich komplexer als bei Privatleuten.“
Außerdem gehe es um größere Summen.
Ein typisches Beispiel für Warenbetrug: Ein Unternehmen bestellt in einem fernen Land 100.000 Atemschutzmasken – gegen Vorkasse. Dann ist das Geld weg, im schlimmsten Fall kommt gar keine Ware oder die Masken entsprechen nicht den hiesigen Qualitätskriterien.
Beim Waren- oder Leistungskreditbetrug bestellt jemand bei einer Unternehmerin oder einem Unternehmer – zahlt aber nicht. In die Rubrik Warenkreditbetrug fällt auch der sogenannte Stoßbetrug: „Dabei erbringt eine angebliche Kundin oder ein Kunde zunächst die Nachweise, dass sie oder er liquide ist“, so Rust. Doch wenn es dann um das eigentliche Geschäft geht, wird die Rechnung eben nicht mehr beglichen, die Ware ist jedoch schon weiterverkauft.
Ein Beispiel für Stoßbetrug: Eine Täterin oder ein Täter täuscht in einem ersten Geschäft der Verkäuferin oder dem Verkäufer Zahlungsbereitschaft und Liquidität vor und bestellt in einem zweiten Vorgang eine deutlich größere Menge aus der Produktpalette – ohne sie jedoch zu bezahlen. Nach der Lieferung verkauft die angebliche Kundin oder der Kunde die Ware sofort und lässt sie an ein anderes Ziel bringen. Dann verschwindet sie beziehungsweise er vom Markt. Sie oder er ist also nicht mehr unter ihrem beziehungsweise seinem Namen, Adresse und Telefonnummer erreichbar. So ist sie oder er nicht mehr greifbar. Die Lieferantin oder der Lieferant bleibt so auf der offenen Rechnung sitzen, die angebliche Kundin oder der Kunde hat durch den Verkauf der Ware aber einen Gewinn. Die Ware ist häufig in einem internationalen Geflecht weiterhin im Handel. Stoßbetrug gibt es übrigens in allen Branchen. Im Gemüsehandel genauso wie bei Bauunternehmern oder im Elektrohandel.